Kommentar Lega Nord: Populismus in Nadelstreifen
Eine politische Wende bei der Lega Nord ist auch nach dem Abgang von Bossi nicht zu erwarten. Die Partei wird die Krisenangst ausnutzen, um wieder Zulauf zu bekommen.
D er Abgang Umberto Bossis als Chef der rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega Nord, die Wahl Roberto Maronis am Sonntag: Dies ist weit mehr als eine bloße Wachablösung, wie sie zum Leben aller Parteien gehört.
Denn Bossi war Gründer und Übervater der Lega, der bis vor wenigen Monaten sein Geschöpf quasi diktatorisch regierte. Und er ging nicht aus freien Stücken, er bekam nicht den Nachfolger, den er sich wünschte – seinen eigenen Sohn.
Verwickelt in einen Skandal um die Bereicherung der eigenen Familie an der Parteikasse, musste Bossi das Zepter abgeben.
Der nun kommt, wirkt in fast jeder Hinsicht wie ein Gegenbild Bossis. Der Rechtsanwalt Maroni hat Manieren, in seiner Freizeit spielt er Saxofon, anders als Bossi, der sich gelegentlich im Feinripp-Unterhemd fotografieren ließ und auch sonst gern den Prolo gab, ist Maroni immer perfekt gekleidet.
ist taz-Korrespondent in Rom.
So mancher politischer Beobachter in Italien glaubt deshalb, nach der stilistischen stehe der Lega auch eine politische Wende bevor: weg vom rüden Populismus, hin zu einer gemäßigten regionalistischen Volkspartei.
Doch diese Wende ist kaum zu erwarten. Erfolg hatte die Lega Nord immer dann, wenn sie den Ton verschärfte, wenn sie Süditaliener und Immigranten zum Objekt des Volkszorns machte.
Maroni war stets Bossis Paladin, als Innenminister erwarb er sich Popularität, weil ihm Flüchtlinge nicht als Menschen in Not, sondern als abzuwehrende Gefahr galten.
Zudem steht die Lega mit dem Rücken zur Wand, ist sie infolge ihrer Skandale in den Umfragen tief eingebrochen – und dies im Angesicht einer Wirtschaftskrise, die eigentlich den idealen Nährboden für ihre populistischen Lösungen bildet.
Hierauf wird Maroni setzen: Auf die politische Ausbeutung der Krisenangst bis hin zu offenem Sezessionismus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Pro und Contra
US-Präsident Biden hat seinen Sohn begnadigt – richtig so?
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld