Kommentar Lebensmittelkrise: Spenden sind nur kleine Hilfe

Die Bundesregierung gewährt Sofortmaßnahmen gegen Hungersnöte? Das hilft nur wenig. Eigentlich müsste man sich an Europas Agrarsubventionen heranwagen.

Zwar war der Anlass der Bundestags-Debatte am Mittwoch über die Hungerkrise aktuell - die Probleme jedoch sind altbekannt: die ungerechte Verteilung von Nahrungsmitteln weltweit. Und auch die Lösungsvorschläge der einzelnen Protagonisten boten wenig Neues - alle nutzten die Fragestunde, um ihre Positionen zu bekräftigen.

Natürlich hat Angela Merkel mit ihrem Hinweis auf die veränderten Ernährungsgewohnheiten in China und Indien recht. Einige Faktoren, die zur gegenwärtigen Lebensmittelkrise geführt haben, lassen sich politisch kaum beeinflussen. Doch andere Elemente, die zu dem Problem beitragen, sind politisch steuerbar: die europäische Agrarpolitik oder die Strukturhilfe für die ärmsten Länder.

Das klingt einleuchtend, ein Umsteuern würde aber politisches Durchsetzungsvermögen erfordern. Denn diejenigen Gruppen, die von der derzeitigen Förderpolitik profitieren, werden ihre Privilegien nicht kampflos aufgeben. Das sind zum einen die europäischen Bauern, die mit EU-Mitteln durchgefüttert werden und deshalb ihre Erzeugnisse konkurrenzlos billig auf den Weltmärkten absetzen können. Sie haben in den vergangenen Jahren Abstriche in der Produktionsförderung hinnehmen müssen und wehren sich nun gegen eine weitere Reformrunde.

Das sind aber auch die politischen Eliten der Schwellen- und Entwicklungsländer, die lieber Devisen in der Kasse sehen wollen, statt eine Strukturpolitik anzustreben, die ihre Bürger satt macht. In den Achtzigerjahren wurden - auch auf Betreiben der Weltbank und anderer Entwicklungshilfe- und Kreditgeber - in vielen Ländern Anbauflächen für den dörflichen Eigenbedarf stillgelegt und stattdessen Monokulturen für den Export gefördert. Die Bevölkerung ernährte man mit billigen Lebensmittelimporten und aus Spendenprogrammen. Die steigenden Weltmarktpreise für Reis und Getreide aber können sich diese Länder nicht leisten. Auch bei den Spendern sind die Kassen und die Lager leer. Die von der Bundesregierung beschlossenen Sofortmaßnahmen für die Hungerleidenden sind somit nur eine kleine Hilfe. Nötig ist eine neue Struktur der globalen Agrarpolitik.

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