piwik no script img

Kommentar Lafontaine-ComebackOskar, das Linksparteigespenst

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die Eurokrise wäre eine gute Kulisse für einen großen Auftritt des Sozialpopulisten Lafontaine. Kommt er zurück? Im Sinne seiner Partei sollte er sich bald entscheiden.

W ir wissen nicht, ob Oskar Lafontaine die Linkspartei wieder führen will. Aber man kann klar sehen, wann sich für ihn ein Comeback politisch lohnt. Die drei ausschlaggebenden Faktoren heißen: Steinbrück, Neuwahlen, Eurokrise.

Wenn die SPD mit Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück in die Mitte strebt, wird die Linkspartei unverhofft viel Raum bekommen. Außerdem möchte Lafontaine gewiss nur ungern die Chance versäumen, dem Weltökonomen Steinbrück zu erklären, dass er keine Ahnung hat. Neuwahlen wären zudem eine ideale Situation, um mit einem großen Auftritt zurückzukehren – direkt vor dem Elfmeterschießen auf den Platz gewissermaßen.

Der wichtigste Punkt ist dabei, wie sich die Eurokrise entwickelt. Bis jetzt spürt man davon in Deutschland wenig. Es gibt zwar betrübliche Nachrichten von der Börse, aber sonst läuft noch alles rund. Das muss nicht so bleiben. Wenn sich zeigt, dass die Krise den deutschen Sozialstaat zerfrisst, wird dies der Moment sein, in dem ein talentierter Sozialpopulist auf offene Ohren stößt.

Bild: taz
Stefan Reinecke

ist Korrespondent der taz im Parlamentsbüro.

Ein Gespenst, liest man auf Wikipedia, "ist ein häufig mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattetes, aber zugleich mit menschlichen Eigenschaften versehenes Wesen." Fasziniert und furchtsam schaut die Linkspartei auf Lafontaine, dem seit seinem Rückzug etwas Geisterhaftes anhaftet: Er ist anwesend und abwesend zugleich. Manche halten ihn für den Erlöser, der die Partei endlich aus dem tiefen Tal führen wird, andere für den Verführer, mit dem die Partei in der Sackgasse der Fundamentalopposition landet.

Derzeit ist Lafontaine nicht richtig da, aber auch nicht weg. Produktiv sind solche Zwischenzustände nie. Falls Lafontaine an der Linkspartei etwas liegt, muss er das Rätselspiel beenden. Nicht irgendwann, sondern bald.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • N
    Neugier

    Ich kann mich den früheren Kommentaren von Jengre, Katev, Waage, etc nur anschließen. Es wäre interessant zu sehen, was passiert, wenn Lafontaine zur Wahl steht.

     

    Finanzpolitische Unbedarftheit können die anderen Parteien der Linken wohl kaum noch vorwerfen angesichts der gigantischen Bürgschaften, die sie selber zu verantworten haben. Immerhin ist die Linke die einzige Partei, die nicht als Stimmvieh der "Eurorettung" (in der verabschiedeten Form wohl besser "Banken-Geld-in-Arsch-Schiebung-und-Volk-für-dumm-Verkaufung" genannt) zugestimmt hat (und so als einzige den Willen sowohl einer großen Mehrheit der Ökonomen als auch des deutschen Volkes repräsentiert hat).

     

    Wenn man daher die Spitze der Linken durch gute Leute ersetzen könnte, ohne dass ein Streit die Partei zerreisst, könnten sie wahrscheinlich erheblich zulegen.

  • W
    Webmarxist

    Herr Lafotaine hat in vielen Dingen die er zur Finanzkrise gesagt hat Recht behalten, obwohl er einige populistische Forderungen hatte..

  • S
    Schoenlink

    Lafontaine betritt evtl. wieder die pol. Bühne u. Reinecke schiesst postwendend einen Kommentar hinterher. Erinnert mich an den Roman ahab u. Moby Dick. Ahab hat sich an Moby Dick festgebissen Reinecke an Lafontaine. Das erste ist angenehme Kurzweil das zweite nur noch peinlich. Könnt ihr euren TAZ-Ahab in der Redaktionsrunde nicht mal zurückpfeifen?

  • W
    Waage

    Ich habe lange Zeit Lafontaine den Fortgang von der SPD sehr übel genommen und kein gutes Haar an ihm gelassen.

     

    "Sozialpopulist" habe ich ihn zwischenzeitlich auch genannt.

     

    Dummerweise hat er in vielen zentralen Politikfeldern nicht nur damals recht gehabt sondern (was wie Adenauer bereits wusste noch viel wichtiger ist!) auch recht behalten.

    Im Bereich Rente gehört er neben Blüm zu den letzten "Aufrechten" welche die Alterssicherung durch Umlage verteidigen und dabei der Produktivität einer Volkswirtschaft eine mindestens ebenso große Rolle wie der Demografie zuschreiben.

     

    Finanzpolitisch muss er von seinen Einlassungen zur deutschen Einheit über die europäische Einigung bis zu den weltweiten Finanzmärkten nahezu nichts zurücknehmen, was er in den letzten 20 Jahren gesagt hat.

     

    "Populismus" geht anders...

     

    Ich wünsche Lafontaine Glück auf dem Weg auch wenn er nicht mehr zu unserem Verein gehört!!!

  • N
    Nachdenkerin

    Da möchte ich mich Weinberg anschließen:

     

    Herr Reinecke, wir warten auf eine Erklärung! Was bitte schön, ist das "Sozialpopulistische" an Lafontaine?

  • K
    Katev

    Einen Mann wie Lafontaine, der in so vielen entscheidenen volkswirtschaftlichen Angelegenheiten einfach Recht behalten hat, ungerührt als Sozialpopulisten zu bezeichnen, zeugt von der Ahnungslosigkeit und ideologischen Verbohrtheit des Berliner Hauptstadtjournalismus und der partiellen Angepasstheit der taz. Einfach nur zum Kopfschütteln....

  • J
    Jengre

    Fast alles, was der "Sozialpopulist" Lafontaine seit Jahren gegen den neoliberalen Mainstream gesagt, ist heute wieder Allgemeingut. Wie soll es Sozialpopulismus sein, wenn eine Stimme noch die Teilhabe aller am gesellschaftlichen Wohlstand fordert, der nun einmal nicht das Zauberwerk von Investoren ist? Aus welchen Motiven bezeichnet man das als Sozialpopulismus und nennt es "Fundamentalopposition", wenn auf dieser Position beharrt werden soll, anstatt sich zu einem Teil der CDU-SPD-Grüne-FDP-Kapitalistenbüttel-Einheitspartei zu machen, um sofort mitregieren zu dürfen? Solche "Realpolitik" ist die Negation von Politik im Sinne der Verfolgung politischer Ziele.

  • E
    Erb

    Frechheit Oskar als Sozialpopulisten zu bezeichnen. So was können nur Leute sagen die Schiss vor Oskars Unerbittlichkeit in Sachen Finanzreform haben. Aber Reinecke ist ja bekannt für seine populistischen Artikel über die Linkspartei ;)

  • BG
    Bernd Goldammer

    Das ist die Perspektive seiner wirklichen Feinde in der Linken selbst. Sie möchten ihre Zielfernrohre früh genug justieren, um sich auf ihn einschießen. Deshalb soll ihn die TAZ wohl aus der Reserve locken. Vor diesem Hintergrund wirkt der Kommentar geradezu lächerlich.

  • Z
    zaungast

    Was bitte ist ein "Sozialpopulist" und was das Sozialpopulistische an Lafontaine?

    Und was ist das Realistische und Reformerische an den ostdeutschen Linken?

  • M
    Momo

    Was heißt hier "Sozialpopulist"? Wohin uns die rechtskonservativ-neoliberalen Chauvinisten in den vergangenen 20 Jahren mit kräftiger Unterstützung durch die Mainstreammedien geführt haben, liegt für alle klar erkennbar auf der Hand!

  • W
    Weinberg

    Ich wäre Herrn Reinecke dankbar, wenn er der Leserschaft eine plausible Erläuterung zu dem Begriff „Sozialpopulist“ liefern könnte.

     

    Der Weltökonom Steinbrück bereitet sich inzwischen mit großem Ernst und insbesondere einem unglaublichen Engagement auf seine Kandidatur vor. Unter http://blog.abgeordnetenwatch.de/2010/08/17/ein-buch-29-vortrage-und-einige-hunderttausend-euro-die-nebeneinkunfte-des-peer-steinbruck/ finden sich dazu für die geneigten Leserinnen und Leser interessante Neuigkeiten.