Kommentar Krise in Griechenland: Das abschreckende Beispiel
Zeit erkauft haben sie jetzt genug – die Euroländer müssen endlich entscheiden: Soll Griechenland abdriften oder gerettet werden?
W orum geht es bei der Griechenlandhilfe wirklich? Diese Frage müssen die restlichen Euroländer endlich beantworten. Bisher haben sie sich mit vielen Milliarden Euro Ausreden und Zeit erkauft. Aber das wird nicht mehr lange funktionieren - schon allein weil die Kosten mit jedem Hinauszögern weiter steigen und die Wähler nicht mehr lange mitmachen.
Wie soll denn gerechtfertigt werden, dass der Rest des Euroraums den Kreditgebern der Griechen und anderer hoch verschuldeter Länder immer weiter die Zinsen und das Umschulden bezahlt und sich in der ganzen Zeit Finanzjongleure aller Art eine goldene Nase verdienen?
Das Zeit-Erkaufen war nötig, weil bei der Schaffung des Euros niemand Regelungen für eine Staatspleite mit getroffen hat. Das wäre damals politisch auch gar nicht durchsetzbar gewesen. Deshalb konnten die Finanzminister und Zentralbankchefs auch nicht öffentlich eingestehen, dass Griechenland bankrott ist - wie bankrott, kann man daran sehen, dass nach all den Sparbeschlüssen in Athen aktuell noch immer neue Schulden aufgenommen werden und nicht etwa alte zurückgezahlt.
REINER METZGER ist stellvertretender Chefredakteur der taz.
Nun aber müssen sich die Euroländer endlich entscheiden: Soll Griechenland mit immer neuen Sparrunden in eine Spirale nach unten getrieben werden und so als abschreckendes Beispiel für andere Kandidaten mit Haushaltsproblemen dienen? Das ist, was derzeit passiert. Oder soll es einen möglichst abgefederten Staatsbankrott geben, nach dem die Griechen - wie manches andere Land der Welt zuvor - irgendwann wieder aus eigener Kraft vorankommen?
Ob und wie so ein Staatsbankrott im starren Korsett des Euros funktioniert, würde eine spannende Frage. Und die Auswirkungen auf griechische Banken und Rentenfonds wären selbst bei einem Gelingen niederschmetternd für die gut elf Millionen Griechen. Aber trotz immer neuen Sparens und Schrumpfens immer mehr Kredite bedienen zu können ist ein Wunderglaube, den die Euro-Finanzminister lange genug verbreitet haben.
In der Eurozone sind Kreditgeber und -nehmer zusammengebunden. Wenn es nicht gelingt, die Praxis des Eurogebildes an die aktuellen Probleme anzupassen, werden die Verluste für beide so lange steigen, bis die gemeinsame Währung an ihre Belastungsgrenze gerät. Das wäre dann erheblich teurer als jede vorstellbare Griechenlandhilfe.
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