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Kommentar Krise in GriechenlandDas abschreckende Beispiel

Reiner Metzger
Kommentar von Reiner Metzger

Zeit erkauft haben sie jetzt genug – die Euroländer müssen endlich entscheiden: Soll Griechenland abdriften oder gerettet werden?

W orum geht es bei der Griechenlandhilfe wirklich? Diese Frage müssen die restlichen Euroländer endlich beantworten. Bisher haben sie sich mit vielen Milliarden Euro Ausreden und Zeit erkauft. Aber das wird nicht mehr lange funktionieren - schon allein weil die Kosten mit jedem Hinauszögern weiter steigen und die Wähler nicht mehr lange mitmachen.

Wie soll denn gerechtfertigt werden, dass der Rest des Euroraums den Kreditgebern der Griechen und anderer hoch verschuldeter Länder immer weiter die Zinsen und das Umschulden bezahlt und sich in der ganzen Zeit Finanzjongleure aller Art eine goldene Nase verdienen?

Das Zeit-Erkaufen war nötig, weil bei der Schaffung des Euros niemand Regelungen für eine Staatspleite mit getroffen hat. Das wäre damals politisch auch gar nicht durchsetzbar gewesen. Deshalb konnten die Finanzminister und Zentralbankchefs auch nicht öffentlich eingestehen, dass Griechenland bankrott ist - wie bankrott, kann man daran sehen, dass nach all den Sparbeschlüssen in Athen aktuell noch immer neue Schulden aufgenommen werden und nicht etwa alte zurückgezahlt.

Bild: taz

REINER METZGER ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

Nun aber müssen sich die Euroländer endlich entscheiden: Soll Griechenland mit immer neuen Sparrunden in eine Spirale nach unten getrieben werden und so als abschreckendes Beispiel für andere Kandidaten mit Haushaltsproblemen dienen? Das ist, was derzeit passiert. Oder soll es einen möglichst abgefederten Staatsbankrott geben, nach dem die Griechen - wie manches andere Land der Welt zuvor - irgendwann wieder aus eigener Kraft vorankommen?

Ob und wie so ein Staatsbankrott im starren Korsett des Euros funktioniert, würde eine spannende Frage. Und die Auswirkungen auf griechische Banken und Rentenfonds wären selbst bei einem Gelingen niederschmetternd für die gut elf Millionen Griechen. Aber trotz immer neuen Sparens und Schrumpfens immer mehr Kredite bedienen zu können ist ein Wunderglaube, den die Euro-Finanzminister lange genug verbreitet haben.

In der Eurozone sind Kreditgeber und -nehmer zusammengebunden. Wenn es nicht gelingt, die Praxis des Eurogebildes an die aktuellen Probleme anzupassen, werden die Verluste für beide so lange steigen, bis die gemeinsame Währung an ihre Belastungsgrenze gerät. Das wäre dann erheblich teurer als jede vorstellbare Griechenlandhilfe.

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Reiner Metzger
Leiter Wochenendtaz
Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

7 Kommentare

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  • H
    hto

    @Stefan Wehmeier

     

    "Die Basis aller Vorurteile war (und ist noch) die Religion"

     

    Falsch, die Basis der Überproduktion von Kommunikationsmüll / Ursache aller symptomatischen Probleme unseres "Zusammenlebens", vor allem die Konfusionierung der Wahrheit, ist der im Zeitgeist / im geistigen Stillstand seit der "Vertreibung aus dem Paradies" nun "freiheitliche" Wettbewerb.

     

    Würden das "Christentum" so handeln wie Jesus Christus es gepredigt hat, dann wären wir wie automatisch zu zweifelsfreien Sozialisten geworden, anstatt der gutbürgerlich-gebildeten Suppenkaspermentalität auf systemrationaler Sündenbocksuche.

     

    "Als Mensch anfing seine Toten zu bestatten, wurde Mensch zum Mensch" - als Mensch anfing auch daraus ein Geschäft zu machen, war die Möglichkeit seiner zweifelsfreien Entwicklung im Arsch der Unwahrheit!?

  • PA
    Peter Adam

    Ich schreibe diese Zeilen als einfacher Mann und gebürtiger Grieche.

     

    Fasst es auf wie Ihr wollt, aber Ich sage allen die es wissen wollen, Ich sch... auf Europa, Brüssel und den Teuro. Ich lebe hier von Hartz IV und will nur noch weg. Ihr labert Euch hier die Hucke voll, seht aber nicht was wirklich abgeht. Anstatt mal Eier in der Hose zu haben kommt nur noch seichtes Geblubber.

    Seid doch einmal ehrlich zu Euch selbst, und fragt Euch doch mal ob Ihr den Euro und die EU so wollt wie sie jetzt ist. Eine Diktatur des Kapitals und des Beamtentums. Wenn eure Antwort "Nein " ist, dann frage Ich mich, warum Ihr anstatt zu handeln, und diese Euch an die Banken verratenden Politiker jeglicher Coleur immernoch unter Euch duldet?

    Ich jedenfalls werde in absehbarer Zeit nach Griechenland gehen, und mein bestes geben diesen Schmarotzer Papandreou und mit Ihm diese von niemandem demokratisch legitimierte EU zu bekämpfen. Ein Europa, in dem die Menschen kein Mitspracherecht haben, wo überwacht, in Angst versetzt, und die Todesstrafe klammheimlich eingeführt wird brauche Ich nicht. Jahrzehntelang waren Griechen und Deutsche trotz des Weltkriegs Freunde. Das ist dank der FDJ-Bluse und den Bankstern, sowie deren Erfüllungsgehilfen vorbei. Wer etwas anderes behauptet ist ein Träumer und Kriecher in meinen Augen. Und wenn die Genossen von der TAZ genug Rückgrad haben, dann drucken sie den Kommentar ab.

    Ich jedenfalls werde nach Griechenland gehen, und dafür kämpfen das mein Vaterland aus der EU und dem Euro austritt. Mit unserer Drachme waren wir ein armes Volk, aber wir hatten zu essen und unser Auskommen. Mit dem Euro wird uns alles genommen, und dagegen werde Ich ankämpfen, und wenn es das letzte ist was Ich tue. Mögen die nachfolgenden Generationen mein Tun beurteilen.

  • SW
    Stefan Wehmeier

    @ "hto"

     

    "Aus dem offenkundigen Versagen des historischen Liberalismus erwuchs die sozialistische Bewegung mit dem Ziel, die missbrauchten Freiheitsrechte einzuschränken zugunsten der Gesamtheit und besonders zugunsten der wirtschaftlich Schwachen. Diese Zielsetzung beruht jedoch auf einem Denkfehler; denn der historische Liberalismus versagte nicht, weil er zuviel, sondern weil er zuwenig Freiheit verwirklichte."

     

    Dr. Ernst Winkler (aus Theorie der Natürlichen Wirtschaftsordnung 1952)

     

    http://www.deweles.de/globalisierung/die-3-gebote.html

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Die hegelsche List der Geschichte ist in der EURO-Krise am Werk. Und diese drängt auf einen Ordnungsübergang für den weltindustriellen Fortschrittsprozess.

     

    Alle wollten stets das Ihre im verdeckten und offenen Konflikt mit den anderen EU-Partnern maximieren. Das Gesamtsystem kommt dadurch in eine gordische Knotensituation und an die Absturzkante, bis schließlich nur eine revolutionäre System-Innovation helfen kann, d.h. der Exodus aus dem bisherigen Akzelerations-Regime und der Ordnungsübergang in die folgende Ordnung des weltindustriellen Fortschritts (unter die Herrschaft des öko-sozialen/KREATIVEN Umfinanzierungs-/Faktorkosten- und nachhaltigen Entwicklungs-Pfad) bleibt als einzige, die Macht des 2%WachstumszwangRegimes der KAPITALSTOCK-Maximierer stürzende Option für die Politik übrig.

     

    Diese könnte den Namen EPIKUR-Projekt (= E.volutions-P.rojekt-I.nformiertes, K.ultur-U.topie-R.ealisierungs-Projekt)tragen. Seine Inhalte sind der Botschaft Griechenlands in Berlin seit März 2010 bekannt - und werden bisher ignoriert. Es ist ein massives Zinssenkungs-Projekt nicht nur für die Griechen. Wer unter 'EPIKUR-Projekt für Griechenland' googelt, kommt auf die Inhalte.

  • SW
    Stefan Wehmeier

    Der Mangel an Mut (1. Risiko der Prophezeiung)

     

    "Kaum jemand wird einer Gruppierung, die die Welt für eine Scheibe hält, ein brauchbares Programm zur Erkundung des Weltraums zutrauen, und so sollte auch keiner Disziplin, die zeitlich unbegrenztes exponentielles Wachstum für realisierbar hält, eine Steuerung unseres Wirtschaftsgeschehens überlassen werden.

    ...Zunächst muss daher allgemein erkannt und anerkannt werden, dass bei den gegenwärtigen Geldordnungen ein grundlegender und gravierender Fehler vorliegt, der die gesamte Gesellschaft destabilisieren wird": http://www.deweles.de/files/mathematik.pdf

     

    Dr. Jürgen Kremer, Prof. für Wirtschaftsmathematik

     

    Eine Menschheit, die bereits Raumfahrt betreibt, hat etwas im Grunde so Einfaches wie das Geld bis heute nicht verstanden. Es ist irrelevant, was die "hohe Politik" beschließt oder nicht beschließt. Wenn das Geld selbst fehlerhaft ist, gibt es keine wie auch immer geartete "Finanzpolitik", um den bevorstehenden Zusammenbruch des Geldkreislaufs - und damit unserer gesamten "modernen Zivilisation" - aufzuhalten!

     

    "Mangelnder Mut scheint der verbreitetere Fall zu sein. Er tritt ein, wenn der angebliche Prophet, sogar wenn ihm alle relevanten Fakten vorliegen, nicht sehen will, dass sie unweigerlich nur eine einzige Schlussfolgerung zulassen."

     

    Sir Arthur Charles Clarke (Profile der Zukunft)

     

    Seit Herbst 2008 läuft die Weltwirtschaft in ein Phänomen, das der "Jahrhundertökonom" John Maynard Keynes als "Liquiditätsfalle" bezeichnete. Davon hat es in der Geschichte der halbwegs zivilisierten Menschheit viele gegeben (schon solange der Mensch Zinsgeld, anfangs Edelmetallgeld, benutzt) und alle Hochkulturen und Weltreiche sind an der Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz zugrunde gegangen. Heute stehen wir vor der absoluten Steigerung dieses Phänomens: die globale Liquiditätsfalle! Die Heilige Schrift bezeichnet dieses Ereignis als "Armageddon".

     

    Um die größte anzunehmende Katastrophe der Weltkulturgeschichte abzuwenden und den anschließenden, eigentlichen Beginn der menschlichen Zivilisation einzuleiten, bedarf es der "Auferstehung der Toten". Als geistig Tote sind alle Existenzen zu bezeichnen, die vor lauter Vorurteilen nicht mehr denken können. Die Basis aller Vorurteile war (und ist noch) die Religion: http://www.deweles.de/willkommen.html

  • H
    hto

    Unsere Fachidioten, in Konfusion durch Überproduktion systemrationalen Kommunikationsmülls von "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei", sind am Ende. Oder erwartet ihr noch mehr bekloppte Ausbeutung und Unterdrückung, für das "gesunde" Konkurrenzdenken im "freiheitlichen" Wettbewerb?

     

    Wenn GRUNDSÄTZLICH alles allen gehört, kann PRINZIPIELL alles besser / wirklich-wahrhaftig demokratisch ORGANISIERT werden - Zusammenleben OHNE Steuern zahlen, OHNE "Sozial"-Abgaben, OHNE manipulativ-schwankende "Werteordnung", OHNE Zeit-/Leistungsdruck zu einer idiotischen Karriere von Kindesbeinen, OHNE gutbürgerlich-gebildete Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche, usw.!?

  • VR
    Vladimir Rott

    Stimmt, grundsätzlich. Doch: Was nun konkret/er? Wie genau/er mit reinem Tisch und Wiederaufbau? Vorschläge als Anregung zur Diskussion:

    (1) die heutige Un-/Ordnung des Auf-Pump-Lebens zu verlassen

    (2) die Verluste abzuschreiben, also Konkurs...

    (3) das (öffentliche) Wirtschaften einzuführen, endlich – und es von den wuchernden Spekulationen streng trennen, wenn man schon die globalen Kasinos auch weiterhin dulden möchte...

    Und vor allem auch die, auch finanzielle, Verantwortung vor Ort – Gemeinden (jede für sich und gemeinsam untereinander) und ihre Bürger, dann Regionen (jede für sich und gemeinsam untereinander), dann (von mir aus) Länder (jedes für sich und gemeinsam untereinander), und dann auch international, darunter (von mir aus) auch die EU, die sich aber wandeln müsste...

    (4) Wiederaufbau...

    Und das reale Wirtschaften als ein Teil der Schulbildung, Alphabetisierung, damit (jede/r)man den Polit-/Finanz-Märchen und dem irrealen Miss-Wirtschaften – sollen sie noch auch weiterhin verbreitet werden – kompetent entgegentreten könnte.