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Kommentar KriegGuttenbergs neue Militärdoktrin

Kommentar von Gordon Repinski

Hinter Guttenbergs Vorstoß steckt ein politisches Kalkül. Mit dem Grundgesetz lässt sich dies nicht in Einklang bringen. Doch solche Details interessieren den Minister wohl nicht.

D er Schutz der Transportwege sei für eine außenhandelsorientierte Nation wie Deutschland zwingend notwendig, heißt es schon im Weißbuch der Bundesregierung aus dem Jahr 2006. "Offen und ohne Verklemmung" solle man daher über wirtschaftliche Interessen in der Sicherheitspolitik reden, fordert nun Karl-Theodor zu Guttenberg. Was meint er damit?

Zehn Jahre nachdem die Bundeswehr zu ihrem ersten Kriegseinsatz im Ausland aufgebrochen ist, macht sich der Verteidigungsminister daran, ein weiteres Tabu zu brechen. Denn auch wenn er sich müht, diesen Eindruck zu relativieren: Hängen bleibt, dass Kriege im Dienste wirtschaftlicher Interessen für ihn offenbar okay sind.

Hinter Guttenbergs Vorstoß steckt ein politisches Kalkül. Im Januar muss der Bundestag das Mandat für Afghanistan verlängern: Dem Minister steht damit ein heftiger Konflikt ins Haus, denn die Zustimmung in der Bevölkerung sinkt. Der Sinn solcher Auslandseinsätze wird immer mehr infrage gestellt, und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel wittert bereits die Chance, voll auf Opposition zu schalten und das Mandat künftig nicht mehr mitzutragen.

Mit seinem Kursschwenk beantwortet Guttenberg die Frage nach dem Sinn solcher Auslandseinsätze nun auf seine Art. Für die Bundesregierung ist dies ein weiterer Schritt, ihre Politik ökonomischen Interessen unterzuordnen. Schon dass sie das Entwicklungsministerium mit Blick auf die Förderung des Außenhandels umgestaltete, war eine Zäsur. Zu Guttenberg plädiert nun für ein ökonomisches Denken in der Verteidigungspolitik, das sich in Zukunft in barer Münze auszahlen könnte.

Nur: Mit dem Grundgesetz lässt sich dies nicht in Einklang bringen. Es gibt vor, dass die Bundeswehr ausschließlich zu Verteidigungszwecken eingesetzt werden darf. Aber das sind Details. Und die, sagt man dem Minister nach, hätten ihn noch nie interessiert.

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16 Kommentare

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  • M
    Montechristo

    Natürlich wurden und werden Kriege immer des Geldes wegen geführt. Diese Wahrheit wird nur zu gern verdrängt. Und insofern kann man dem Herr Guttenberg direkt dankbar sein, dass er sie ausspricht. (Ganz gleich, was man ansonsten von ihm halten mag). Eine intensive Diskussion über die Ziele des Afghanistan-Einsatzes habe ich nach dem Rücktritt von Horst Köhler in der Bevölkerung und auch in den Medien vermisst.

  • C
    Clausewitz

    >>Es gibt vor, dass die Bundeswehr ausschließlich zu Verteidigungszwecken eingesetzt werden darf.

  • H
    Hubert

    Kriegseinsätze

    Die deutsche Politik ist drauf und dran ihr Heil in den Kriegen zu suchen und die Politiker werden schon immer mutiger es sehr deutlich auszusprechen.

    Der Herr Guttenberg führt doch nur das lautstark durch, was vor ihm die rot/grüne Regierung mit dem Einsatz in Ex Jugoslawien begonnen hatte.

    Ein Krieg nach dem anderen folgt nun und fast alle Parteien des Bundestages hatten immer dafür ihre Zustimmung gegeben.

    Nur weil einige heute in der Opposition sind und einen Kontra gegen die Regierung führen, so sind sie trotzdem die Beführworter solcher widerlichen Politik.

  • DB
    Dr Blog

    Guttenberg ist in den USA-gebrieft worden.

     

    das nennt sich euphemistisch...Transatlantiker ..so Ulli Klose-like..

     

    so n bisschen Irak-Intervention halt -durch die Hintertür - um das 'Wiedergutzumachen, was der phöööse Herr Schröder Herrn Bush-Junior angetan hat.

    Barbie und Ken Guldenburg..sie leben hoch !

    Hat Thetan Cruise schon gratuliert, ken ?

  • D
    dastan

    Um die Wahrheit zu sagen, als gebürtiger Regionalmensch wohl gemerkt, sehe ich da in Afghanistan weit und bereit keine Handelswege und irgendwelche Rohstoffquellen.Von einem weißen Öl, das nur dort vorkommt, hat man auch nicht gehört.

     

    Für jemanden wie mich mit eingeschränktem Blick, da ich keiner Oligarchie angehöre, gibt es bloß einen einzigen plausiblen Grund, auf den Herr Guttenberg und Co für eine längere Aufenthalt ihrer Crew in Afghanistan beharren: Afghanisch/persisch lernen und zwar Vorort.

     

    Aber im Ernst: was der Teufel einst in Afghanistan begonnen hat, können nur Götter wieder beheben und dass Herr Guttenberg ein Verwandter Gottes ist, lässt sich nicht ohne weiteres beweisen.

     

    Nein wirklich im Ernst, worum geht’s Herrn Guttenberg wirklich?:Seine Waffensysteme erproben zu lassen? Das glaube ich nicht, auch wenn Afghanistan bekanntlich herrenlos ist. Schulterschluss mit Amerika, weil er muss? Eher weniger, die Deutschen sind zu genüge frech geworden, sie trugen sogar ihre Fahne während der Weltmeisterschaft. Schulterschluss mit Amerika kann auch emotional gemeint sein. Was am Ende übrig bleibt, ist nicht viel. Ich sage es ganz leise: Sie sind solange in Afghanistan, dass sie schlicht vergessen haben, was der Grund gewesen ist.

  • L
    Laila

    "Mit dem Grundgesetz lässt sich dies nicht in Einklang bringen". Sicherlich nicht. Allerdings steht dies tatsächlich seit 2006 im Weißbuch der Bundeswehr. Das ist Beschlußfassung, das ist die Linie von Regierung und Bundeswehr und wurde - übrigens - damals auch mit den Stimmen der SPD so abgesegnet. Wo überall ist die Bundeswehr in diesem Sinne bereits tätig? Na? Wo blieb und bleibt denn da der Aufschrei? Hier wird stets ein Scheingefecht gegen Repräsentanten des Staates angezettelt, die nichts anderes wiederholen. Köhler wurde so übelst im Internet angegriffen. Mit dem Grundgesetz läßt sich allerdings erst recht nicht die Kriegsbeteiligung in Afghanistan rechtfertigen. Wenn denn bei dieser Gelegenheit wieder das Grundgesetz greifen soll. Trotzdem zählte die taz, v. a. mit den Artikeln der Frau Petersen, zu den Befürwortern des Krieges. Munter forderte Frau Petersen noch zu Beginn des Jahres in der taz mehr Truppen nach Afghanistan.Also, bitte auch Aufschreien gegen den real geführten Krieg; und das 2006er Weißbuch heranziehen.

  • KW
    Kaiser Wilhelm

    Guttenbergs neueste Äußerungen passen gut zum Konzept der reinen Berufsarmee. Damit wandelt er sich vom Verteidigungs- zum Kriegsminister. Und Deutschland wird zu dem Land, das im Vorfeld der Wiedervereinigung bestimmt niemand wollte.

  • MA
    moe alx

    Unfug! Krieg wurde schon immer des Geldes wegen geführt.

  • E
    Egal

    Da zeigt mal wieder ein CDU/CSU-ler, dass die CDU nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht und die freiheitlich demokratische Grundordnung abschaffen will. Bitte endlich die Union vom Verfassungschutz beobachten lassen!

  • A
    Andi

    Vielleicht wäre Sie so frei, Herr Repinski, uns zu erklären aus welchen Gründen die Bundeswehr am Horn von Afrika patroulliert, wenn nicht um den freien Warenfluss zu sichern. Worin liegt dann die Neuigkeit beim "Vorstoß" von zu Guttenberg.

  • E
    eddie

    Herr von und zu Super, selten so einen nutzlosen Leserkommentar gelesen. Es geht darum, Kriege für wirtschaftliche Interessen in unserem Land gesellschaftsfähig zu machen - Punkt, aus!

    Wenn man eh nach der Pfeife der Konzerne tanzt, ist dies doch nur der nächste logische Schritt. Auch wenn einige oder einige mehr dies nicht wahrhaben wollen.

  • S
    Superheld

    Es gibt nicht viele Werte in diesem Land ausser dem Grundgesetz. Unsere Verfassung ist so ziemlich das einzige, was Deutschland ausmacht. Schlimm mitansehen zu müssen, wie wenig sich unsere Politiker um diese Verfassung scheren. Manchmal hat man den Eindruck, dass viele von ihnen zwar einen Eid auf die Verfassung abgelegt haben, aber nicht wissen, was darin steht.

  • G
    ghf

    so wenig konkret benannte Anregung sein mag, um so weniger lässt sich diese durch unkonkrete Hinweise auf Veränderungen legitimieren - konkret ist eine Werteentscheidung gefragt: Bereitschaft zum Krieg aus wirtschaftlichen Gründen? Ich bevorzuge die friedliche politische Gestaltung der Situation gegenüber dem vermeintlichen Zwang sich dieser anzupassen - ich kann dem Artikel etwas abgewinnen!

  • G
    ghf

    ... besondere Bedenken treten vor allem dann auf, wenn auf relativ konkrete Andeutungen möglichst unkonkrete Legitimierungsversuche folgen: die Welt verändert sich augenblicklich und bedarf ggf. eher der Gestaltung, denn der Anpassung! Es mag unterschiedliche Werte geben - für mich gilt: kein Krieg, schon gar kein Wirtschaftskrieg - wenn es für andere anders gilt, dürfen diese dies konkret aussprechen!

  • N
    Normalo

    Dass man dem politischen Gegner aber auch immer das Wort im Munde herumdrehen muss, Herr Repinski!

     

    Sie erwähnen selbst, dass die von Guttenberg thematisierte Zweckverbindung von Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik bereits seit 2006 im Weißbuch der Bundesregierung steht, also längst offizielle Linie der deutschen Außenpolitik ist. Einem wohlinformierten Bundesbürger sollte das spätestens seit der Kampagne gegen Horst Köhler bewusst sein. An dem, was Guttenberg nun sagt, ist also realiter überhaupt nichts neu. Und diese "Militärdoktrin" ist auch nicht seine, sondern war bereits die der Großen Koalition. Auch wenn die SPD sicherlich nicht so erpicht darauf war, das an die große Glocke zu hängen: So sieht die deutsche Staatsgewalt bereits seit Jahren die Rolle der Bundeswehr.

     

    Nun kommt also der Herr Baron daher und spricht diese hinreichend dokumentierte, aber weiter gerne verdrängte Wahrheit einmal offen aus - was er übrigens auch schon seit Erscheinen auf der politischen Bühne mit anderen Wahrheiten immer mal wieder gerne gemacht hat. Ich suche und suche, aber ich finde keinen Kurswechsel. Nur eine - für manche vielleicht desillusionierende - Erinnerung daran, dass das hier die reale Welt ist und nicht Taka-Tuka-Land.

  • S
    Super

    Sofern es ihnen nicht aufgefallen ist, hat sich die Welt seit 1989 deutlich veraendert. Dieser Situation werden wir uns anpassen muessen, ob wir wollen oder nicht. Ansonsten machen das andere fuer uns.

    Abgesehen davon, hat er lediglich angeregt darueber zu diskutieren. Mehr nicht! Dies scheint aber fuer die Republik der Oberbedenkentraeger schon wieder zu viel verlangt zu sein. Danke fuer diesen nutzlosen Artikel.