Kommentar Kosovo: Recht muss etabliert werden
Im Norden des Kosovo regiert die Mafia. Ein souveräner Staat funktioniert aber nur, wenn Rechtsstaatlichkeit im ganzen Land hergestellt wird.
R ücksicht wurde schon viel zu lange auf die serbischen Parallelstrukturen im Norden Kosovos genommen. Zu lange wurden die nationalistischen Extremisten und Mafiosi mit Glacéhandschuhen angefasst. Weder der UN-Mission noch der Rechtsstaatsmission der EU, Eulex, ist es gelungen, die angestrebte "Herrschaft des Rechts" in Nordmitrovica zu etablieren.
In den letzten elf Jahren hat ein Gemisch aus politischen Extremisten, Geheimdienstleuten, Mafiosi, Politikern und Polizisten das Gebiet "regiert". Wer nicht nach ihrer Pfeife tanzte, war verloren. Wer die Schmuggelgeschäfte von Benzin und Drogen störte, ebenfalls. Noch von dem serbischen Präsidenten Kostunica unterstützt, können sich diese sogenannten Parallelstrukturen aber nicht mehr völlig auf die Hilfe Belgrads verlassen.
Wer in die EU integriert werden will, muss diesen Sumpf in Mitrovica austrocknen. Das war die klare Message von Angela Merkel bei ihrem letzten Besuch in Belgrad. Serbien muss die Mafia im Norden Kosovos über kurz oder lang fallen lassen.
ist Südosteuropa-Korrespondent der taz.
Die nationalistische Propaganda ist im Norden noch allgegenwärtig. Die Erfahrungen der Mehrheit der Serben Kosovos, die im Süden leben, werden im Norden noch immer ignoriert. Sie haben ihre Möglichkeiten erkannt, sie beteiligen sich an den Wahlen und sind sogar in der Regierung vertreten. Die Rechte der serbischen Gemeinden sind international garantiert. Unter diesen Schirm kann auch der Norden schlüpfen.
Die Souveränität des Staates Kosovo muss hergestellt werden. Ohne Kontrolle der Grenzen geht das nicht. Und die EU-Mission Eulex muss endlich auch gegen Widerstände rechtsstaatliche Verhältnisse auf dem gesamten Territorium Kosovos etablieren helfen. Auch unter den Albanern.
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