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Kommentar KoreaSeoul spielt mit dem Feuer

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Ein langfristiger Wandel in Nordkorea wäre für beide Seiten gut. Denn ein vom Süden forcierter Zusammenbruch des Regimes würde vor allem eine Seite überfordern: Südkorea.

S üdkoreas "Manöver" an der Seegrenze zu Nordkorea war keine sinnvolle militärische Übung. Stattdessen brachte diese Demonstration der Stärke Korea unnötigerweise an den Rand eines Krieges. Zum Glück antwortete Nordkorea nicht wie angedroht auf die Provokation. Die Drohungen entpuppten sich wieder mal als Bluff. Dabei hat selbst Südkorea sie diesmal sehr ernst genommen. Bewohner der bereits im November beschossenen Insel Yeonpyeong wurden evakuiert oder in Bunker gebracht.

Südkoreas Präsident Lee Myung Bak wollte jetzt Entschlossenheit demonstrieren und rechte Kritiker im eigenen Land beruhigen. Die Entspannungspolitik seiner liberalen Vorgänger hat nämlich viele enttäuscht. Sie brachte nicht den politischen Wandel im Norden, der im Süden ungeduldig herbeigesehnt wurde.

Vielmehr verstärkte sich im Süden der Eindruck, dass der Norden für seine Provokationen und den Ausbau seines Atomprogramms auch noch belohnt würde. Dabei wird vergessen, dass Kim Jong Il sein Atomprogramm auch deshalb ausbaute, weil die USA die Entspannungspolitik hintertrieben, indem sie lauthals "regime change" forderten.

Bild: taz

Sven Hansen ist Redakteur im Auslands-Ressort der taz.

Präsident Lee will dem Norden nur noch helfen, wenn dieser zu Zugeständnissen bereit ist. Für Pjöngjang ist das ein Signal, dass Lee nun auch auf den Zusammenbruch Nordkoreas setzt. Entsprechend aggressiv reagiert das Regime und drängt mit militärischen Nadelstichen auf neue Verhandlungen.

Bei positivem Verlauf können diese nur wieder auf Entspannungspolitik hinauslaufen mit der vagen Hoffnung auf langfristigen Wandel. Nordkoreas Zusammenbruch hingegen würde den Süden überfordern und ein ähnliches Chaos verursachen wie ein militärischer Schlagabtausch.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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7 Kommentare

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  • F
    freidenker

    @Zyniker 2 und Diver: danke fürs feedback.

     

    Aber Diver ich finde eins Komma nochwas Billionen Staatsverschuldung schon ziemlich chaotisch. Und Mittelstreckenraketen haben die Amis doch immer noch bei uns stationiert. Aber um's klar zu machen, die Wiedervereinigung war natürlich richtig, man hätte sie nur besser regeln sollen, aber dazu bräuchte es ja eine ganze Menge nicht korrupter Politiker. Und wo gibts die ?

     

    Zyniker 2, das hätten sich die Amis auch nicht träumen lassen, daß sie an dem seltsamen Koreakrieg noch im Jahr 2010 zu knabbern haben.

  • D
    Diver

    Warum sollte Südkorea nicht an dem Manöver festhalten? Der Norden provoziert doch regelmäßig. Oder wie war das mit der Versenkung einer südkoreanischen Fregatte?

    Die Frage ist doch die: wie weit kann man jemand entgegenkommen, der sich selbst nicht bewegt und nur droht? Man muß auch solchen Ländern Grenzen zeigen (sollte man eigentlich aus unserer eigenen Geschichte 33-38 gelernt haben...)

    Und @Freidenker: ins Chaos sind wir nicht geschlittert. Zugegeben, es hat sich was geändert. Aber dafür braucht man bei uns auch keine Mittelstreckenraketen, Atomgranaten e.a. mehr und man kann ohne Probleme über eine Grenze fahren, an der ich noch Dienst mit scharfer Munition gemacht habe. Ist mir lieber so !

  • S
    Schattenfels

    "Südkoreas "Manöver" an der Seegrenze zu Nordkorea war keine sinnvolle militärische Übung. Stattdessen brachte diese Demonstration der Stärke Korea unnötigerweise an den Rand eines Krieges. Zum Glück antwortete Nordkorea nicht wie angedroht auf die Provokation. Die Drohungen entpuppten sich wieder mal als Bluff."

     

    Dumme, böse Südkoreaner! Friedliche, nur bluffende Nordkoreaner! Am schlimmsten sind allerdings die USA, die tatsächlich einen Regimewechsel im linken Norden wollen!

     

    Man kann sich sogar das Regime in Nordkorea schönreden. Den Artillerieangriff hat man deshalb folgerichtig unterschlagen. Linker Journalismus at its best!

  • L
    Leninsenkel

    Ich finde ja Südkorea und Nordkora sollten sich vereinigen und zwar in Richtung Norden. Dann eine gemäßigtes sozialistische Gesellschaftordnung einführen und sich antiimperialistisch orientieren und anti-US-amerikanische Politik machen. Mit China als starken Partner. Da würden die in Washington aber blöde gucken.

  • Z
    Zyniker2

    Hej Feindenker:

     

    absolut richtig.

    Aber hier geht es aber nur um US-Interessen. Und dafür wäre es gut. Was anderes interssiert dabei doch keinen. Wer sind schon die Koreaner.

  • F
    freidenker

    "Nordkoreas Zusammenbruch hingegen würde den Süden überfordern und ein ähnliches Chaos verursachen wie ein militärischer Schlagabtausch."

     

    Ich kenne ein Land, welches nach dem Zusammenbruch der ehemaligen eigenständigen Osthälfte in ein Chaos geschlittert ist.

  • C
    Conrado

    Ich bin da nicht ganz Deiner Meinung, Sven. Zum Einen musste die suedkoreanische Regierung schon deshalb irgendwie "Staerke" zeigen, um die eigene Bevoelkerung wieder hinter sich zu bringen und der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen. Stell Dir einfach vor, Du lebst in Seoul, 50km entfernt von Nordkorea. Die Artillerieuebung wurde wohl als eine bequeme Variante des Staerke-Zeigens mit vergleichsweise geringem Risiko eingeschaetzt. Dagegen spricht auch nicht notwendigerweise die Evakuierung der Bevoelkerung der kleinen Insel. Durch die Evakuierung konnte man zeigen, welches "Leid" der anfaengliche Beschuss durch die Nordkoreaner ausgeloest hat. Das hat mobilisierende Wirkung. Ausserdem muss die suedkoreanische Regierung der eigenen Bevoelkerung demonstrieren, dass sie alles nur erdenkliche zum Schutz der Zivilbevoelkerung unternimmt.

    Zum Zweiten laesst die Unberechenbarkeit des derzeitigen nordkoreanischen Regimes den Systemzusammenbruch wirklich zunehmend als attraktive Alternative erscheinen, sowohl fuer Suedkorea als auch fuer die USA und Japan, das sich unmittelbar von Nordkorea bedroht fuehlt.

    Ein Zusammenbruch Nordkoreas haette zudem keineswegs zwingend Chaos zur Folge. Suedkorea ist logistisch relativ gut auf diesen Fall vorbereitet, jedenfalls weit besser als die BRD auf den Zusammenbruch der DDR. Suedkoreaner haben sich schon seit 1989 sehr fuer die Erfahrung des deutschen Mauerfalls und der Widervereinigung interessiert, um daraus fuer den moeglichen Zusammenbruch Nordkoreas und eine koreanische Wiedervereinigung zu lernen. Dazu sind zahllose Diplom und Doktorarbeiten in Korea geschrieben und Plaene erarbeitet worden. Die USA und Japan hat man in entsprechende Planspiele einbezogen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch konkrete Plaene gibt, wie man beim Zusammenbruch Nordkoreas ganz schnell dessen Atomwaffen in die Haende bekommt. Klingt alles vielleicht furchteinfloessend, ist es aber u.U. im Vergleich zu einem Fortbestand des derzeitigen nordkoreanischen Regimes gar nicht.