Kommentar Konservative ohne Koch: Der stille Unmut
Wird sich nach Kochs Rückzug eine neue rechstkonservative Partei etablieren? Eher nein: Denn ordentliche Konservative neigen nicht dazu, sich in Protestbewegungen zu organisieren.
Roland Koch ist weg - und die Lücke, die er in der CDU hinterlässt, klafft unübersehbar. Der nationale, konservative Flügel ist schon seit einer Weile führungslos. Es gibt zwar stramm konservative Gestalten wie Stefan Mappus in Stuttgart oder Uwe Schünemann in Hannover, doch eine vorzeigbare, einflussreiche Identifikationsfigur für die Klientel, die für schwule Minister, berufstätige Frauen und Migranten nicht viel übrig hat, gibt es nicht.
Für die CDU ist das ein Problem. Was Merkel in der Mitte gewinnt, geht am rechten Rand verloren. Ländliche Stammwähler bleiben bei Wahlen öfter zu Hause. Der stille Unmut über die Union, die ökonomisch halb sozialdemokratisch, kulturell halb grün wirkt, wächst. Wird sich also demnächst wie fast überall in Europa, eine rechtskonservative oder -populistische Partei etablieren? Eher nein.
Stefan Reinecke ist Inlandsredakteur der taz.
Die Union hat nicht zufällig bis jetzt alle Konkurrenten, von den Republikanern bis zur Schill-Partei, ausgebremst. Denn was sich rechts von der Union tummelt, hat eine durchlässige Grenze zu Rechtsextremen; und dass die unwählbar sind, zählt zu den erstaunlich wetterfesten Tugenden der hiesigen politischen Kultur. Eine Parteigründung von oben, von Koch, Merz und Clement, ist sowieso nur eine mediale Seifenblase. Wenn eine rechtskonservative Partei entstehen könnte, dann von unten.
Ordentliche Konservative, die mehr Kirche und mehr Sicherheit wollen, neigen allerdings nicht dazu, sich in Protestbewegungen zu organisieren. Vor allem aber fehlt dem Unmut über die liberale Merkel-CDU der Streitpunkt, an dem sich die Leidenschaften entzünden würden. Schröder provozierte 2003 mit der autoritär durchgesetzten Agenda-Politik die Gründung der Linkspartei. Nichts spricht dafür, dass Merkel ähnlich blindlings agieren wird.
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