Kommentar Konjunkturgipfel: Unbeirrt in Richtung Absturz
Die Regierung will über neue Maßnahmen zur Stützung der einbrechenden Wirtschaftsleistung vorerst nicht nachdenken. Das ist schwer zu begreifen.
D ie Prognosen werden immer düsterer: Die Wirtschaftsweisen erwarten für Deutschland ein Rekordminus von 6 Prozent. Der IWF sagt Deutschland auch fürs nächste Jahr noch eine Rezession voraus. Die Gewerkschaften rechnen mit Massenentlassungen und sozialem Aufruhr. Nur die Regierung bleibt gelassen: Bevor die bisher beschlossenen Konjunkturpakete nicht in vollem Umfang wirken, will sie über neue Maßnahmen zur Stützung der einbrechenden Wirtschaftsleistung nicht mal nachdenken.
Das ist schwer zu begreifen. Als im Januar das zweite Konjunkturpaket beschlossen wurde, ging die Regierung schließlich noch davon aus, die deutsche Wirtschaft werde 2009 um 2,25 Prozent schrumpfen. Inzwischen ist klar, dass das Problem fast dreimal so groß ist. Die OECD schätzt die konjunkturelle Wirkung der bisherigen deutschen Pakete für 2009 und 2010 auf jeweils 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - weniger als halb so viel wie in den USA. Schon heute ist klar: Dies wird auch im besten Fall nicht reichen, um einer Schrumpfung von 6 Prozent zu begegnen.
Dass die bisher beschlossenen Konjunkturhilfen noch nicht voll wirken, ist kein Argument zu warten. Im Gegenteil: Es zeigt vielmehr, wie viel Zeit zwischen einer Entscheidung und ihrer Wirkung vergeht - und sollte darum angesichts der jüngsten Entwicklungen Ansporn sein, möglichst schnell zu reagieren.
Weitere staatliche Ausgaben sind ohne Frage nötig, um den Abschwung abzufedern. Eine Überhitzung einzelner Sektoren, vor der manche Ökonomen warnen, lässt sich verhindern, indem vor allem jene Bereiche bedacht werden, die bei den bisherigen Konjunkturmaßnahmen vernachlässigt wurden: Ökologie und Bildung. Solche Ausgaben sind kein Strohfeuer. Sie sind Investition in die Zukunft, die einen realen Bedarf decken.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten