Kommentar Konflikt ums Betreuungsgeld: Die Tücken der Wahlfreiheit

Mit Geld alle ruhig zu stellen, wird die Debatte um das Betreuungsgeld nicht beenden. Wahlfreiheit ist fehl am Platz. Es braucht klare Aussagen und klares Handeln.

Die Nachricht, dass die Regierung den Konflikt um das Betreuungsgeld mit einer weiteren Finanzspritze für die Kitas ausräumen könnte, ist nicht gut. Wieder wird die viel zitierte „Wahlfreiheit“ bemüht: Beide Optionen, das Erziehen daheim und in der Kita, werden unterstützt. Aber mit der Methode, mit Geld alle ruhig zu stellen, entkommt die Regierung zwei grundlegenden Problemen nicht.

Das eine: Die „Wahl“ einer Kitabetreuung ist nur bedingt empfehlenswert. Die Qualität der Betreuung der Kleinkinder, die ja spezielle Bedürfnisse haben, ist jetzt schon mangelhaft, wie eine bundesweite Studie kürzlich feststellte. Von diesen mangelhaften Plätzen werden nun noch mehr eingerichtet – die Qualität bleibt schlecht, weil sie überhaupt nicht definiert wurde. Eltern, die ihre Kinder schlecht betreuen lassen müssen, tun das sicher nicht aus „Wahlfreiheit“, sondern weil sie keine Alternative haben. Für echte Wahlfreiheit müsste die Qualität stimmen.

Aber auch die „Wahl“, das Kind zu Hause zu betreuen, ist voller Tücken. Wenn Eltern mehrere Kinder hintereinander zu Hause betreuen, bleiben sie dem Berufsleben so lange fern, dass der Wiedereinstieg nicht selten im 400 Euro-Job endet. Dabei müssen sie im Fall einer Trennung vom Ehepartner, das verlangt das Unterhaltsrecht, für sich selbst aufkommen. Am Ende wartet die Altersarmut.

Wer von „Wahlfreiheit“ schwadroniert, ignoriert, dass die „freie Wahl“ in diesem Fall ein erhebliches Risiko nach sich zieht. Außerdem widerspricht diese „Freiheit“ dem erklärten Ziel der Bundesregierung: Es lautet, dass diese Armut abzubauen ist, indem mehr Frauen berufstätig bleiben.

Das Wort „Wahlfreiheit“ ist also völlig fehl am Platz. Stattdessen braucht es klare Aussagen und klares Handeln: „Zu lange daheim zu bleiben erhöht Ihr Risiko der Altersarmut“, ist eine solche klare Aussage. Und das Handeln wäre: schleunigst in gute Kitas investieren, nicht in irgendwelche.

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Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.

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