Kommentar Köhler-Verstotterer: Es gibt kein Öl am Hindukusch
Köhler hat den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt und die denkbar ungeschickteste Art gewählt, um über den Zusammenhang von Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik zu stottern.
Um den Absatz der deutschen Automobilindustrie in Zentralasien zu sichern, entsendet die Bundesrepublik weitere 5.000 Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan" - so ein Bundestagsmandat wird es sicher nie geben. Entgegen den Behauptungen der Opposition hat Bundespräsident Horst Köhler dies in seinem Interview auf dem Rückflug von Masar-i-Scharif auch nicht gefordert oder angedeutet.
Vielmehr hat Köhler den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt und die denkbar ungeschickteste Art gewählt, um über den Zusammenhang von Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik zu sprechen beziehungsweise zu stottern. Und grundsätzlich muss man ihm dankbar sein, dass er auf die ihm eigene Weise eine wichtige Debatte angestoßen hat zu der Frage: Soll Deutschland seine außereuropäischen Märkte freischießen?
Ulrike Winkelmann ist Inlands-Redakteurin der taz.
Afghanistan bietet dazu kein gutes Beispiel. Der Nachweis konkreter deutscher Wirtschaftsinteressen ist dort beim besten Willen nicht zu führen. Doch suchen Unions-Sicherheitspolitiker schon seit Jahren nach Formulierungen, in denen sich "deutsche Außenpolitik" deutlicher auf "Exportorientierung" reimt. Auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg strebt nach dieser Art "Reife".
Egal, wie verlogen man es nun finden mag, dass die Bundeswehr im Namen der Menschenrechte ausrückt - keinesfalls dürfen bei Auslandseinsätzen Wirtschaftsinteressen einen größeren Stellenwert bekommen. Dazu aber darf man nicht so tun, als seien diese stets ganz auszuklammern. Natürlich hängen Frieden, Handel und Investitionen zusammen.
"Globalisierung" seit 1990 war eben auch deshalb möglich, weil das Ende des Ost-West-Konflikts vielen Ländern genügend Ruhe für ökonomische Entwicklung gebracht hat - zum größten Nutzen Deutschlands. Dies kann und muss man zugestehen. Aber das heißt eben gerade nicht, dass man deshalb auch Bundeswehr-Einsätze für Wirtschaftsinteressen billigen oder unterschreiben muss.
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