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Kommentar KlonfleischVerspätetes Entsetzen

Wolfgang Löhr
Kommentar von Wolfgang Löhr

Die Mehrheit der Verbraucher will keine Klonprodukte auf dem Tisch haben. Die EU-Kommission hat das bislang galant ignoriert. Doch damit muss jetzt Schluss sein.

B ei Verbrauchern und Politikern ist jetzt die Empörung groß. Denn in Großbritannien sind Fleisch und Milch von geklonten Tieren erstmals nachweislich in den Handel gekommen. Alarm geschlagen hat die britische Lebensmittelbehörde Food Standards Agency.

Überraschend kommt diese Nachricht allerdings nicht - und gerade die britische Lebensmittelbehörde musste mit dieser Entwicklung rechnen. Denn bereits vor etwas mehr als zwei Jahren, als man in den USA über die Zulassung von Klontieren nachzudenken begann, wurde erstmals öffentlich, dass Embryonen von geklonten Kühen aus den USA nach Großbritannien importiert worden waren. Wozu wohl? Wohl kaum, um Zuschauer in einen Klonzoo zu locken. Nein, schon damals war völlig klar, dass damit eine Kuh- oder Rinderherde zur Erzeugung von Lebensmitteln aufgebaut werden sollte.

Wundern muss man sich vielmehr darüber, dass erst jetzt der Ruf nach gesetzlichen Regelungen laut wird: Da drängt sich der Verdacht auf, dass dies bisher bewusst vermieden wurde. Dabei zeigen Umfragen, dass die Mehrheit der Verbraucher keine Klonprodukte möchte. An ein Verbot traut sich die EU-Kommission aber nicht heran: Erst vor kurzem hat sie das Thema wieder auf die lange Bank geschoben.

Bild: taz

Wolfgang Löhr ist Wissenschaftsredakteur der taz.

Dabei gibt es bislang keinen guten Grund, Tiere zu Klonen. Dafür gibt es eine Menge gute Gründe, dem Klonen von Nutztieren ein Ende zu setzen. Allein schon aus Tierschutzgründen gehört es verboten, denn es führt häufig zu Fehlbildungen, die Tiere sterben bei der Geburt oder leiden unter Krankheiten. Selbst Ian Wilmut, der als erster Mensch ein Tier klonte - das Schaf Dolly nämlich - spricht sich deshalb heute gegen Klonfleisch und Klonmilch aus.

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Wolfgang Löhr
Redakteur
Jahrgang 1955, war von 1993 bis Ende 2022 Wissenschaftsredakteur der taz. Er hat an der FU Berlin Biologie studiert. Vor seinem Studium hatte er eine Facharbeiterausbildung als Elektromechaniker gemacht, später dann über den zweiten Bildungsweg die Mittelere Reife und am Braunschweig-Kolleg die allgemeine Hochschulreife nachgeholt.
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3 Kommentare

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  • WN
    W. Nellen

    Kann mir jemand von der Mehrheit bitte erklären, was Klonfleisch ist?

    Ich habe gehört, dass uns seit vielen Jahren schon Klongemüse und Klonobst untergeschoben wird. Stimmt das?

  • S
    Stimmvieh

    "Wundern muss man sich vielmehr darüber, dass erst jetzt der Ruf nach gesetzlichen Regelungen laut wird: Da drängt sich der Verdacht auf, dass dies bisher bewusst vermieden wurde. Dabei zeigen Umfragen, dass die Mehrheit der Verbraucher keine Klonprodukte möchte. An ein Verbot traut sich die EU-Kommission aber nicht heran: Erst vor kurzem hat sie das Thema wieder auf die lange Bank geschoben."

     

    Das ist, mit Verlaub, nicht im Geringsten verwunderlich - sowohl im Bund wie auch auf europäischer Ebene machen die GesetzgeberInnen doch schon lange, worauf sie bzw. ihre großzügigen SpenderInnen Lust haben, ohne sich um die Meinung der Bevölkerung zu kümmern. Man denke nur an den Bundeswehreinsatz in Afghanistan oder um die Debatte über Laufzeitverlängerungen für Kernkraftwerke.

    Warum sollte es ausgerechnet bei Landwirtschaft bzw. dem Klonen von Tieren anders sein?

  • B
    Bleedranner

    Die "Mehrheit" in der Überschrift ist fragwürdig. Vermutlich handelt es sich um eine lautstarke Minderheit. (Vergleichbar mit den Rauchergegnern in Bayern, das sind ja auch nur 20%, wenn man es auf den stimmberechtigten Bürger bezieht.)

     

    Pragmatisch gesehen ist Klonfleisch ja nur eine 1:1 Kopie des Originals. Was soll daran schädlich sein?

     

    Ich habe verstanden, dass es im Artikel nicht um Pragmatik geht, sondern um die Durchsetzung des (vermeintlichen) Volkswillens gegen die Obrigkeit. So etwas kommt ja immer wieder gut.