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Kommentar Kleiner Parteitag der CDUWenn der Nachwuchs aufsteht

Astrid Geisler
Kommentar von Astrid Geisler

Der Titel macht neugierig: „CDU 2017“. Leider hält das Zukunftsmanisfest jüngerer CDU-Mitglieder nicht, was es verspricht.

Auch die Ära Merkel endet eines Tages. Und dann? Bild: dpa

D er Zeitpunkt immerhin ist klug gewählt. Pünktlich zum Kleinen Parteitag der CDU am Montag in Berlin melden einige Unionspolitiker nochmal Kritik am schwarz-roten Koalitionsvertrag an. Vertreter des Wirtschaftsflügels richten via Bild-Zeitung aus, sie wollten gegen den Pakt mit der SPD stimmen. Eine Gruppe jüngerer Christdemokraten nutzt die Endphase des vor-koalitionären Stillstands, um das Zukunftsmanifest „CDU 2017“ an die Öffentlichkeit zu bringen.

Der Titel immerhin macht neugierig. Tatsächlich hat die CDU ja allen Grund nach vorne zu schauen. Auch die Ära Merkel endet eines Tages. Was wird dann aus dieser zum Angie-Fanclub mutierten Volkspartei? Eine große Frage - das am Wochenende ins Netz gestellt Zukunftspapier liefert allerdings leider nicht einmal Ansätze einer Antwort darauf.

Die 56 Unterzeichner des Manifests verbindet, dass sie unter 45 Jahre alt sind - also für Unionsverhältnisse noch jung. Ihre Agenda ist überschaubar: Sie mahnen die CDU-Führung höflich, die Sozialleistungen nicht weiter auf Kosten künftiger Generationen auszubauen. Und wenn demnächst Posten und Pöstchen in Regierung und Fraktion verteilt werden, möchten sie bittesehr aber auch bedacht werden. Na, wer hätte das gedacht!

Große Fragen der Zeit - also etwa die drohende Klimakatastrophe oder der Schutz der Privatsphäre in einer digitalisierten Welt - werden gar nicht erst thematisiert. Auch zu innerparteilich strittigen Themen wie der Frauenquote oder dem Adoptionsrecht für Schwule und Lesben bezieht der CDU-Nachwuchs keine Position. Die Behauptung, die CDU sei im Wandel zur „Mitmachpartei“ begriffen, liest sich angesichts des Dämmerzustands der Unionsbasis beinahe wie ein Witz.

Überraschend an dem Vorstoß ist letztlich vor allem, dass sich gerade einmal sechs CDU-Nachwuchsfrauen auf der Unterzeichnerliste finden - aber 50 Männer. Für eine auf die Zukunft gerichtete Nachwuchsinitiative einer Volkspartei aus dem Jahr 2013 ist das vielsagend.

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Astrid Geisler
Korrespondentin Parlamentsbüro
Jahrgang 1974, ist Parlamentskorrespondentin der taz. Zuvor hat sie als Reporterin und Inlandsredakteurin für die Zeitung gearbeitet. Sie war Stipendiatin des Netzwerks Recherche und erhielt für ihre Recherchen über Rechtsextremismus unter anderem den Theodor-Wolff-Preis. Schwerpunkte ihrer Berichterstattung sind die Piratenpartei, die CDU und das Thema Innere Sicherheit. Autorin der Sachbücher „Heile Welten. Rechter Alltag in Deutschland“ und „Piratenbraut. Meine Erlebnisse in der wildesten Partei Deutschlands“.
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5 Kommentare

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  • A
    Atmender

    Die Union: Wer zum Teufel wählt die eigentlich?

  • S
    Sören

    Anders als die Kanzlerin scheint diese Gruppe nicht begriffen zu haben, dass man mit marktradikalen Konzepten in Deutschland keinen Blumentopf gewinnen kann. Gedanklich scheinen sie über die 1990er und die Agenda 2010 nicht hinaus gekommen zu sein.

     

    Leider ist es in der Politik üblich, sich weniger darüber zu definieren, was man will, sondern mehr darüber, was man ablehnt. Diese Gruppe sollte sich, wenn es ihr um mehr als Ämter geht, lieber eine positive Agenda überlegen. Genau wie der SPD fehlt es in der Union an Denkern, die sich um das große Ganze kümmern, und der Politik des Alltags einen intellektuellen Überbau geben.

     

    Die Große Koalition ist nach den Umfragen beliebt, und ihre Kernpunkte finden ebenfalls Anklang. Diese Regierungsform passt zu Deutschland im Moment ganz gut. Die Menschen möchten in diesen unsicheren Zeiten keine Experimente, sondern einen Mittelweg gehen. Die Kanzlerin verkörpert dies perfekt, und ist deshalb beliebt.

  • G
    Gääähn

    Ich finde zur Merkel-CDU-Jungunionisten eigentlich nur die gleichen Worte wie für die Jusos oder die Junggrünen. Sie sollten eine Einheitspartei bilden, dann könnte wenigstens eine Opposition entstehen. So wie es das Internet zu den alten medien ist. Nur wählbar. Zur CDU gibt es bei SPON einen netten Kommentar von Fleichauer, dem von der taz zur Kündigung Auserkorenem.

    Den Preis zahlen wir spätestens in 4 Jahren wenn bei uns wie in Frankreich eine neue Rechte beginnt Wahlen zu gewinnen. Mal sehen ob Teflon-Mutti dann umschwenkt und die SPD gleich mit.

  • Guter Kommentar - mindestens im Vergleich zu der völligen Überschätzung der "jungen Wilden der CDU" in anderen Medien. Diese Art von "Rebellentum" ist wohl typisch für Mutti's Wahlverein - zuerst wird beflissen mitgepinselt am "Koalitionsvertrag" (der Bestandteil "Vertrag" passt hier nicht ganz wg. Beliebigkeit allenthalben) und dann hebt man den Finger in der letzten Minute: "Ich möchte aber ein Bonbon, sonst bin ich traurig". Allen voran der Vorzeige-Jugendliche Spahn und ein Bübchen, das leicht als Spielkamerad von FDP-Rösler durchgehen würde und allen Ernstes Leiter der "Mittelstandsvereinigung" sein soll...

    Was würde FJS dazu sagen?

  • R
    REALSO

    Eine Partei ohne Jugend ist eine Partei ohne Zukunft! Gilt für CDU/CSU/FDP genauso, wie für die SPD. Die Jugend aller Parteien von heute wird nicht die üppigen Renten, Pensionen weiter bezahlen.

    Mit einer Geburtenrate von 1,36% und einer Sterberate von 1,8% kann kein Land sich auf Dauer leisten immer auf Kosten der Jugend sich einseitig zu Gunsten einer alten Generation zu bereichern.

    Immer mehr 400 € Jobs für die Jugend, immer mehr unbezahlte oder unterbezahlte Praktikantenarbeit, immer mehr Leiharbeit- und Teilzeitjobs, immer mehr befristete Einstellungen und dann sollen diese Jugendlichen auch noch lebenslang die Renten und die Pensionen der ALTEN bezahlen!? Für wie dumm uns naiv halten die ALTEN und vor allem die meisten Politiker eigentlich die Jugend?