Kommentar Kfz-Steuerreform: Dilettanten in Panzern
Für große, spritfressende Autos sollen bald prozentual weniger Steuern gezahlt werden müssen als für kleinere, umweltfreundlichere Wagen - leider die falsche Reaktion auf die Krise.
D ie Bundesregierung will große Luxuslimousinen ab Juli 2009 steuerlich begünstigen. Für Autos, deren spritfressende Motoren wesentlich mehr Kohlendioxid ausstoßen als kleinere, umweltfreundlichere Wagen, sollen demnach prozentual weniger Steuern gezahlt werden müssen. Doch bevor man jetzt "Skandal!" schreit, ist eine Betrachtung im Detail lohnenswert. "Die Bundesregierung" ist in diesem Fall die Fachreferentenebene, die einen solchen Vorschlag unterbreitet hat. Zielstellung: den Verkauf von großen - also einheimischen - Autos zu fördern, gegen die lahmende Konjunktur.
Nick Reimer ist Redakteur im Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.
Das scheint aus Sicht der Fachreferenten auch dringend notwendig, um ein anderes Instrument der schwarz-roten Konjunkturankurbelei zu justieren: Die Abwrack-Prämie hat nämlich schon nach wenigen Tagen ein Verkaufsfeuerwerk ausgelöst - für japanische, italienische oder französische Autobauer. Laut Branchenangaben sind deren Modelle derzeit deutlich stärker gefragt als die spritgierigen Panzer "Made in Germany".
Das Beispiel zeigt den grenzenlosen Dilettantismus, mit dem das Kabinett Merkel auf die Krise zu reagieren sucht. Statt in den Zeiten von Finanz-, Energie- und Klimakrise neue politische Ansätze zu wagen, wird an konjunkturpolitischen Kurbelwellen gedreht, die von gestern sind. Keine Investitionen in Energieeffizienz, keine Mittel für den Umbau der Energiewirtschaft, fast nichts zur Gebäudedämmung, um den Erdgasverbrauch in Deutschland zu halbieren: Wenn der Konjunkturmotor stottert, fällt den politischen Entscheidern hierzulande immer nur die heimische PS-Zunft ein. Dass es ausgerechnet sozialdemokratisch geführte Ministerien sind, die Deutschlands Superreichen Steuergeschenke für ihre Protzkarossen zugedenken, illustriert den Zustand der "Gerechtigkeitspartei": Wer so im politischen Alltagsgeschäft agiert, verdient es bei Wahlen auch nicht, über die 25-Prozent-Hürde zu kommen.
Erschreckend am Lehrstück ist die Erkenntnis, dass Klimaschutz weiter nur ein regierungsamtliches Lippenbekenntnis bleibt. Der eigentliche Skandal ist aber, dass sich Fachreferenten getrauen, einen derart klimaschädlichen Gesetzentwurf überhaupt zu Papier zu bringen.
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