Kommentar Iran-Israel: Keine Entspannung ohne Demokratie
Dramatisch ist das sich verschiebende Kräfteverhältnis im Nahen Osten. Bei Geburt einer Atommacht Iran würden nicht länger die moderaten islamischen Staaten den Ton angeben.
V or Euphorie sei gewarnt. Die ersten Kontakte zwischen Iran und Israel könnten auch die letzten auf absehbare Zeit bleiben. Was schade ist, denn warum eigentlich sollte es keine Kontakte geben zwischen zwei Ländern, die nie Krieg gegeneinander geführt haben, die weder sich offene Blutrechnungen präsentieren müssten noch einen Gebietskonflikt auszufechten haben. Dazu kommt, dass die Iraner keine ausgesprochenen Antisemiten sind.
Trotzdem schimpft der Chef in Teheran auf die Zionisten, deren Staat von der Landkarte verschwinden sollte; und umgekehrt fühlt sich Israel durch die iranische Atombombe mehr bedroht als durch alle bisherigen Kriege und den Terror zusammen. Israels Problem ist, dass es sich zu gut als Projektionsfläche im innermuslimischen Machtkampf eignet. Wer am lautesten gegen den Judenstaat wettert, erntet die meisten Punkte.
Die atomar bestückten Raketen, die auf Tel Aviv oder Dimona zielen, sind nicht das einzige Problem, das die Politiker in Jerusalem wieder und wieder einen Präventivschlag ins Auge fassen lässt. Ähnlich dramatisch ist das sich verschiebende Kräfteverhältnis im Nahen Osten. Bei Geburt einer Atommacht Iran würden nicht länger die vergleichsweise moderaten islamischen Staaten den Ton angeben, sondern ein Staat, der einen Großteil seiner ohnehin beschränkten Ressourcen in die Finanzierung von Terrororganisationen außerhalb der eigenen Landesgrenzen fließen lässt.
Susanne Knaul ist Israel-Korrespondentin der taz.
Das Verhältnis zwischen Israel und Iran wird sich nicht erwärmen, denn das würde den Anfang vom Ende der "Achse des Bösen" bedeuten, wie Ex-US-Präsident George Bush einst den Bogen von Teheran über Syrien zu Hisbollah und Hamas zog. Für eine Entspannung müssten im Iran die Leute das Sagen haben, die heute in den Gefängnissen des Ajatollah-Staates vergewaltigt und hingerichtet werden, weil sie sich Demokratie und Menschenrechte wünschten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern