Kommentar Indien: Perfides Spiel mit dem Terror
Von neuen indisch-pakistanischen Spannungen profitieren afghanische und pakistanische Islamisten. Das ist weder im Interesse Pakistans, Indiens noch in dem der internationalen Gemeinschaft.
Es mehren sich die Indizien, dass die Attentäter von Bombay Beziehungen nach Pakistan hatten. Das heißt nicht zwangsläufig, dass Pakistans Regierung oder der dortige Militärgeheimdienst ISI involviert sind. Schließlich setzt die zivile Regierung in Islamabad auf Entspannung mit Indien. Der Geheimdienst hatte hingegen in der Vergangenheit Verbindungen zu islamistischen Terrorgruppen, etwa in Kaschmir. Unklar ist, wieweit sich diese inzwischen verselbständigt haben. Da der ISI jüngst an Macht verlor, könnten einige seiner Strategen an einem wieder eskalierenden Konflikt mit Indien interessiert sein. Dies würde den ISI innenpolitisch wieder aufwerten und die Versuche der jetzigen Regierung konterkarieren, ihn unter zivile Kontrolle zu bringen.
In Indien kommt der Terror von Bombay der hindunationalistischen Oppositionspartei BJP sehr gelegen. Angesichts der eklatanten Fehler seitens der von der säkularen Congress-Partei geführten Regierung und den Behörden in Sachen Terrorprävention und -bekämpfung hat die BJP jetzt ihr Thema für die kommenden Parlamentswahlen gefunden. Die müssen spätestens im Mai 2009 stattfinden. Mit dem Vorwurf, die Anschläge gingen von Pakistan aus, kann sich die BJP als wahre Verteidigerin Indiens präsentieren, das sie als hinduistisch definiert. Dabei haben ihre Führer Lal Krishna Advani und Narendra Modi früher selbst dem Terror gegen Muslime den Weg geebnet und damit zur Radikalisierung von Teilen der indischen Muslime beigetragen.
Von neuen indisch-pakistanischen Spannungen profitieren auch jene Islamisten in Pakistan und Afghanistan, die Islamabads und Washingtons dortigen "Krieg gegen den Terror" untergraben wollen. Je stärker die Spannungen werden, desto mehr Soldaten dürfte Pakistan von der afghanischen an seine indische Grenze verlegen. Dies wiederum verschafft den afghanischen und pakistanischen Taliban mehr Freiräume. Das kann weder im Interesse der Regierung in Pakistan sein noch in dem nüchterner Inder oder der internationalen Gemeinschaft. Der Terror könnte zu einem Klima führen, in dem die Zurückhaltung in Delhi und Islamabad auf der Strecke bleibt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!