Kommentar Ilse Aigner und die Bauern: Alles nur Bluff
Achtung, fallen Sie nicht auf die Werbelügen von CSU-Agrarministerin Ilse Aigner rein, die vorgibt, die Bauern retten zu wollen.
Hanna Gersmann ist taz-Redakteurin im Ressort Wirtschaft und Umwelt.
Achtung, fallen Sie nicht auf Werbelügen rein, auch nicht auf die von CSU-Agrarministerin Ilse Aigner. Sie gibt in diesen Tagen vor, die Bauern retten zu wollen, auch die mit kleineren Höfen und grünen Wiesen drumherum. Doch was sie wirklich macht, ist: nichts. Sie inszeniert einen "Runden Tisch zur Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmittelkette". Statt politischem Krisenmanagement war dieser jedoch vor allem eine unverbindliche Plauderstunde.
Sicher, eine Agrarministerin hat das Recht zu glauben, die Lebensmittelwirtschaft müsse den Gesetzen des Marktes überlassen werden. Dann allerdings würden nur diejenigen Bauern überleben, die agrarindustriell mit Turbokühen in Riesenställen Milch in Masse billig produzieren. Der Bauer ist in diesem Szenario nichts anderes als ein Manager, die Milch nichts anderes als ein Auto, das sich verkaufen muss. Und die Politik? Die hält sich raus.
Sicher, eine Agrarministerin kann sich dagegen entscheiden, Verbrauchern Milch aus der Region schmackhaft zu machen, damit die Milch von einem Großbetrieb im Osten nicht in den Süden gekarrt werden muss, sondern kleinbäuerliche Strukturen bleiben. Mittel dafür gibt es allerdings: Aigner könnte eine Kennzeichnung für die Herkunft der Milch vorschreiben, Geld für Biomilch in Schulen ausgeben, dafür sorgen, dass der Verbraucher auf der Pizzaschachtel lesen kann, ob Käse aus Milch oder ein billiges Imitat aus Pflanzenfett auf dem Fertiggericht gelandet ist.
Die Politikerin, die das alles nicht macht, muss allerdings auch die Verantwortung dafür übernehmen, dass Bauern ihre Höfe dichtmachen, Dörfer anders werden, ein Städter sich dort nicht mehr erholen mag. Und vor allem: Eine Agrarministerin muss sich dazu klar bekennen, damit die Bürger eine politische Wahl haben - gegen sie.
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