Kommentar Ikea-Konflikt: Das haut jeden Elch um
Dass beide Initiativen nun keinesfalls gemeinsam den Bürgerentscheid abwickeln wollen, sondern die Altonaer gleich zweimal in das teure Prozedere hetzen, ist eine Zumutung.
E r ist zur Posse geworden, der Bürgerentscheids-Zwilling zur Ikea-Ansiedlung. Ob ein Bürgerentscheid rechtmäßig ist, der nichts anderes will, als was Parlament ohnehin beschlossen hat, mag dahingestellt bleiben: Im Sinne des Erfinders ist ein solches Verfahren jedenfalls nicht. Und wenn als Bürger nur Lokalpolitiker und Geschäftsleute mit ihren wirtschaftlichen Interessen auftauchen, wird das Instrument des direkten Volkswillens ebenfalls ad absurdum geführt.
Dass beide Initiativen nun keinesfalls gemeinsam den Bürgerentscheid abwickeln wollen, sondern die Altonaer gleich zweimal in das teure Prozedere hetzen, ist eine Zumutung. Dass aber letztlich der Hamburger Senat sich offen hält, ob er überhaupt eines der Bürger-Voten akzeptiert oder doch lieber unabhängig entscheidet, lässt den Konflikt endgültig ins Surreale abgleiten. Die Demokratie-Parodie um die Ikea-Ansiedlung haut selbst den stärksten Elch um.
Der Ausgang dieser Farce ist klar: Ikea wird kommen, die Glaubwürdigkeit der Volksgesetzgebung aber auf der Strecke bleiben. Wer seine Rechte nutzen will, sieht sich ungern veralbert. Was mit der Ignorierung des Volksentscheids zum Verkauf der LBK-Kliniken begann, setzt sich bei Ikea voraussichtlich fort. Volksgesetzgebung als Spielzeug taktischer Polit-Manöver hat keine Zukunft - sie ist kein legitimatorisches Feigenblatt.
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