Kommentar IS erobert Ramadi: US-Debakel im Irak
Die IS-Milizen haben fast die gesamte westirakische Provinz Anbar unter ihre Kontrolle gebracht - nicht zuletzt wegen der katastrophalen Politik von Vizepräsident al-Maliki
I m April oder Mai beginne die Offensive auf Mossul, das große Faustpfand des „Islamischen Staats“ (IS) im Irak. Drei Monate nach dieser vollmundigen Ankündigung in Washington ist Ramadi an den IS gefallen. Damit kontrollieren die Extremisten neben Rakka in Syrien und Mossul die dritte Großstadt, aber nicht nur das: Fast die gesamte westirakische Provinz Anbar haben sie unter ihre Kontrolle gebracht.
Washington versucht, den Sieg der Fanatiker in Ramadi kleinzureden. Aber es hilft nichts: Es ist ein Triumph für sie. Dabei kam er gar nicht überraschend. Es war die gewaltsame Auflösung eines Protestcamps der Sunniten in Ramadi, die vor mehr als einem Jahr den Grundstein für den Siegeszug des IS legte.
Die katastrophale Politik des heutigen Vizepräsidenten Nuri al-Maliki hat dazu geführt, dass ein Teil der Stämme sich auf die IS-Seite schlug. Andere Stämme haben zusammen mit Eliteeinheiten unter hohen Verlusten alles getan, um die Extremisten zurückzudrängen. Auch jetzt sind sie nicht einfach abgehauen. Sie hatten schlicht nicht genügend Mann und Waffen, um den Kamikaze-Angriffen standzuhalten.
Der Grund dafür ist die Weigerung der von Iran unterstützten schiitischen Milizen und ihrer politischen Vertreter, die sunnitischen Stammeskämpfer zu bewaffnen. Aber genau diese Milizen sollen es nun richten. In der Not hat ihnen Regierungschef Haider al-Abadi grünes Licht für den Einsatz in der sunnitischen Hochburg gegeben. Das ist fatal. Denn damit macht sich der gemäßigte Schiit zur Geißel der Hardliner und seines Gegenspielers Maliki, aber auch des Iran. Zu Kompromissen mit den Sunniten sind diese nicht bereit, für sie geht es um Unterwerfung. So lässt sich der Krieg gegen den IS nicht gewinnen. Das wissen auch die Amerikaner. Ein Rezept dagegen haben sie nicht.
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