Kommentar Honig-Urteil: Bitterer Honig für die Gentech-Lobby
Honig mit Pollen von Gentechpflanzen ohne Lebensmittelzulassung ist illegal. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist gut für die VerbraucherInnen.
D as Honig-Urteil des Europäischen Gerichtshof ist eine schallende Ohrfeige für die EU-Kommission und einen Teil der bayerischen Justiz. Die Kommission lässt seit Jahren nichts unversucht, um der Agro-Gentechnik gegen den Willen der VerbraucherInnen zum Durchbruch zu verhelfen.
Vor Kurzem erst hat sie auf Druck der Gentech-Lobby für gentechnische Verunreinigungen in Futtermitteln einen Grenzwert von 0,1 Prozent festgelegt – statt der bisher geltenden Nachweisgrenze. In Brüsseler Schubladen liegen noch weitere Richtlinienvorschläge.
Unter anderem möchte die Kommission Verunreinigungsgrenzwerte für Saatgut festschreiben. Auch hier ist das Ziel, die derzeit gültige Nulltoleranzgrenze für Gentech-Verunreinigungen abzuschaffen. Dem hat der Europäische Gerichtshof jetzt klar entgegengesetzt: So einfach geht das nicht! Die VerbraucherInnen können sich freuen, denn die schleichende Verunreinigung unserer Lebensmittel mit Gentech-Zutaten wird damit etwas herausgezögert.
Zuvor hatte ein bayerisches Gericht gar geurteilt, Pollen von gentechveränderten Pflanzen hätten überhaupt keinen Einfluss darauf, ob ein Produkt als verkehrsfähig gilt – egal ob die Gentech-Pflanzen zugelassen sind oder nicht. Dem hat der Gerichtshof in Luxemburg jetzt eine deutliche Absage erteilt: Pollen von Gentech-Pflanzen fallen sehr wohl unter die Zulassungs- und Kennzeichnungsregelungen für Lebensmittel. Liegt keine Zulassung vor, dann dürfen Produkte, in denen sie enthalten sind, auch nicht in den Handel gebracht werden.
Der Imker, der geklagt hatte, hat also recht getan, als er seinerzeit seinen mit Gentech-Pollen kontaminierten Honig vernichtete. Es ist zu hoffen, dass er jetzt endlich möglichst schnell Schadensersatz erhält.
Bei Honigimporten aus Nord- oder Südamerika werden die Lebensmittelkontrolleure künftig mehr darauf achten müssen, ob sie Gentech-Pollen enthalten. Aus Kanada, USA, Argentinien oder Brasilien werden künftig wohl keine Honigimporte mehr möglich sein. Denn dort werden zahlreiche Gentech-Pflanzen angebaut, die hierzulande nicht zugelassen sind. Auch Forscher, die auf einer kleinen Parzelle Freilandexperimente mit Gentech-Pflanzen durchführen, müssen künftig vorsichtiger sein. Ein paar Bienchen genügen – und schon müssen sie Schadenersatz zahlen.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Protestaktion gegen CDU-Chef Merz
Alle Tassen im Konrad-Adenauer-Haus?
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
USA in der Ukraine
Geheime Verhandlungen mit der Opposition
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren
CDU-Politiker boykottiert Radio Bremen
Zu links, zu grün, zu schlecht
Alleinerziehende in Armut
Kohlrabi gibt es erst später