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Kommentar HessenJamaika bleibt in Hessen Illusion

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

So verlockend eine Jamaica-Koalition für viele in der Union klingt - es wird nicht klappen. Denn wenn es ernst wird, ist bei der Hessen-CDU Schluss mit nett.

Bild: taz

Stefan Reinecke ist Meinungsredakteur der taz.

Versucht Roland Koch, sich im Moment politisch neu zu erfinden? Oder will er nur aus taktischen Gründen sein Image aufpolieren? Diese Frage bewegt derzeit die hessischen Grünen, auch wenn sie nach außen cool tun. Denn es sind schlicht die Verhältnisse selbst, die zwingen, zu prüfen, was vor Monaten noch undenkbar war. In Hessen herrscht - allen gut gemeinten Aufrufen zur Kooperation zum Trotz - eine politische Blockade, aus der es nur zwei Auswege geben wird: Neuwahlen - oder eine Regierung mit einer parlamentarischen Mehrheit.

Koch versucht, die Grünen in eine schwarz-gelb-grüne Regierung zu loben, indem er verspricht, Hessen zum Ökomodell zu machen. Vergessen die Zeiten, als die CDU die Grünen für linke Spinner hielt - flugs sind sie zu einer passablen Partei gereift, mit der die CDU angeblich viele Werte teilt. Nur seltsam, wie die Koch-CDU diesen reichen Fundus an politischen Gemeinsamkeiten jahrelang übersehen konnte.

Mehr als Schwarz-Grün in Hamburg würde eine Jamaika-Koalition in Hessen die politische Fantasien weit über das Bundesland hinaus beflügeln. Denn Hamburg ist ein Stadtstaat, in dem zudem eine recht liberale CDU regiert. Hessen hingegen ist ein Flächenstaat und traditionell Heimat des Stahlhelmflügels der CDU. Wenn es hier eine schwarz-grüne Annäherung gäbe, dann wäre sehr viel möglich - auch im Bund. Es wäre das Symbol, dass die politischen und kulturellen Grenzen zwischen Schwarz und Grün eingerissen wären.

So verlockend dieses Szenario für viele in der Union klingt - es wird nicht klappen. Denn wenn es ernst wird, ist bei der Hessen-CDU Schluss mit nett. So hat die rot-rot-grüne Mehrheit im Wiesbadener Parlament beschlossen, Flüchtlinge aus Afghanistan nicht mehr abzuschieben. Prompt weigert sich die CDU-Regierung, diesen Beschluss umzusetzen. Kochs Versprechen, dem Parlament Respekt zu zollen, hat keinen Tag gehalten.

Grüne, die insgeheim doch mal an Jamaika dachten, müsste das eines Besseren belehren. In Hamburg hat sich Schwarz-Grün kürzlich auf einen Abschiebestopp für Afghanen geeinigt. Die Charmeoffensive von Roland Koch dagegen ist ein rein taktisches Manöver. STEFAN REINECKE

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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1 Kommentar

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  • M
    Martin

    Natürlich ist da Wahltaktik im Spiel: Ein "kastrierter" Koch ist mehrheitsfähig, das zeigen nicht nur aktuelle Wahlumfragen (28% für Ypsilanti), es war ja auch der vom Wähler empfundene Erfolg von schwarz-gelb zuvor, der Koch erst seine absolute Mehrheit (mit all ihren handwerklichen Fehlern) "eingebrockt" hat. Was man von Berlin aus vielleicht nicht sieht: Die einst amerikanisch besetzten Hessen sind ein sehr westlich geprägtes Bundesland. Den Hessen ist ein Kreide fressender Koch allemal sympathischer als Frau Ypsilanti, welche keinerlei Gespür für das Bundesland als ganzes hat.

     

    Genauso war die Abstimmung zum Abschiebestopp ein wahltaktisches Manöver der Linkspartei. Von einem Unternehmen, bei dem Vorstand und Geschäftsführung so eine miserable Abstimmung haben, würde ich jedenfalls keine Aktien kaufen, um bei dem Bild von Al-Wazir zu bleiben.

     

    Du hast es ja schon auf den Punkt gebracht: "In Hamburg hat sich Schwarz-Grün kürzlich auf einen Abschiebestopp für Afghanen geeinigt." GEEINIGT. Wenn Grün zu Jamaika bereit wäre, würde Koch einen exorbitanten Preis dafür zahlen müssen. Nur ist Roland Koch leider nunmal doppelt so intelligent wie Andrea Ypsilanti, welche nie auch nur den Ansatz eines inhaltlichen Angebotes an die FDP gemacht hatte, und würde die Kröte im langfristigen strategischen Interesse schlucken.

     

    Die SPD steht in Hessen vor dem Scherbenhaufen der letzten Wochen und Koch hat Oberwasser. Leider durchaus zu Recht.