Kommentar Günther Oettinger: Fauxpas für Brüssel
Merkels Entscheidung, Oettinger als EU-Kommissar nach Brüssel zu schicken, ist nicht nur peinlich. Denn ausgerechnet der Atomfreund und Lobbyst der Konzerne soll das Energieressort übernehmen.
S chon die Entscheidung von Angela Merkel, ein ausgewiesenes Provinz-Ei wie Günther Oettinger als EU-Kommissar nach Brüssel zu schicken, war peinlich. Doch dieser Fauxpas könnte nun auch politisch gefährlich werden, wenn ein Mann ohne Visionen wie Oettinger, der in der Energiepolitik vornehmlich als Atomfreund und Lobbyist der Konzerne auftrat, ausgerechnet das Energieressort verantworten soll.
Vor ihm liegt keine geringere Aufgabe, als die Energieversorgung Europas grundlegend umzubauen und zukunftsfähig zu machen. Doch vieles spricht dafür, dass mit Oettinger die Zeichen hier auf Stillstand stehen. Als Energiekommissar ist er der falsche Mann, um für einen echten, fairen und europaweiten Wettbewerb zwischen den Energieerzeugern zu sorgen und den nötigen Ausbau erneuerbarer Energien massiv voranzutreiben.
Hinweise darauf liefert sein Werdegang, der von politischen Fehlentscheidungen geprägt ist: Oettinger stellte sein mangelndes diplomatisches Feingefühl vor zwei Jahren eindrucksvoll unter Beweis, als er hartnäckig behauptete, der Nazi-Todesrichter Hans Filbinger sei kein Nationalsozialist gewesen.
Tarik Ahmia ist Redakteur der taz im Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Bundespolitisch machte er massiv gegen den Atomausstieg Stimmung und versuchte, Konjunkturspritzen zu verhindern, als sie in der Krise am nötigsten waren. Anschließend sorgte der Mann ohne makroökonomischen Horizont dafür, eine finanzpolitisch irrsinnige "Schuldenbremse" im Grundgesetz zu verankern.
In seiner Heimat machte er beim Porsche-Desaster keine gute Figur und hinterlässt mit dem Großbahnhof Stuttgart 21 ein verkehrspolitisch sinnloses Milliardengrab.
Wenn nun ein weiterer EU-Spitzenposten drittklassig besetzt wird, dann ist dies auch deswegen bedauerlich, weil so die demokratische Kultur in der EU zugunsten der Macht der Regierungschefs erneut geschwächt wird.
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