piwik no script img

Kommentar GuantánamoEin mageres Ergebnis

Kommentar von Christian Semler

De Maiziére versucht eines der blamabelsten Ergebnisse deutscher Migrationspolitik zu korrigieren. Und die Sicherheitsexperten der Union verbreiten weiter Angstpsychosen.

M it seiner Ankündigung, zwei der noch in Guantánamo inhaftierten Häftlinge in der Bundesrepublik aufzunehmen, hat Innenminister de Maizière am Mittwoch eine der blamabelsten Ergebnisse der deutschen Migrationspolitik zu korrigieren versucht.

Noch im Mai 2009 hatte de Maizières Amtsvorgänger Wolfgang Schäuble die Aufnahme eines kleinen Kontingents von uigurischen Guantánamo-Häftlingen mit dem grotesken Argument verhindert, von ihnen ginge eine "potenzielle, abstrakte Gefährlichkeit aus". Womit er sich jede Konkretion seiner Besorgnis ersparte.

De Maizières jetziger Korrekturversuch hält sich allerdings in engen Grenzen. Für mehr als zwei neue Guantánamo-Häftlinge ist in der Bundesrepublik kein Platz.

Bislang konnte Präsident Obama seine Ankündigung vom Beginn seiner Präsidentschaft, das Lager aufzulösen, nicht einhalten. Obama hielt das Lager "für eine besondere Schande der USA" und bat befreundete Staaten, ihm bei der Auflösung behilflich zu sein. Denn eine Reihe der Häftlinge konnte nicht in ihr Ursprungsland zurückkehren, ohne ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Die Bundeskanzlerin, die spät genug in den Chor der Guantánamo-Kritiker eingestimmt hatte, dachte gar nicht daran, Obama zu helfen. Einen Teil der Verantwortung hierfür tragen ihre christdemokratischen Parteifreunde, die nicht müde wurden, die terroristische Gefahr im Fall der Übernahme von Exhäftlingen an die Wand zu malen. Dabei wurde geflissentlich übersehen, dass sämtliche infrage kommenden Häftlinge von der neuen amerikanischen Regierung zur Freilassung vorgesehen worden waren. Und dies nach jahrelanger "Prüfung".

De Maizières Ankündigung waren umfangreiche Erkundungen der Bundesregierung vorausgegangen, so der Besuch einer Delegation von Innenministerium und BKA im März dieses Jahres im Lager Guantánamo. Trotz dieser Absicherung erklärten auch jetzt eine Reihe von christdemokratisch geführten Ländern, sie würden keinesfalls das mit einer Aufnahme einhergehende Sicherheitsrisiko eingehen. Damit zeigen diese Sicherheitsexperten, was sie am besten können: Angstpsychosen verbreiten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • K
    Kati

    Es kommen bestimmt noch mehr. Amerika sorgt ja bereits für den Nachschub. Das neue Guantanamo heißt 'Bagram' und liegt in Kabul in Afghanistan. Ausdrücklich herrschen dort auch unter Obama die gleichen Zustände wie vorher in Guantanamo. Da darf dann Deutschland mit den beiden aus Guantanamo schon mal üben. Die Gefolterten aus Bagram folgen die nächsten Jahre. Obama, der sogen. Friedensnobelpreisträger, läßt genaoso Foltern wie Bush.

  • M
    Markus

    Während in Deutschland bei den armen Menschen gespart werden muß, weil Mövenpick das Geld dringender benötigt, lösen wir die Probleme der USA und übernehmen deren politische Gefangene. Vermutlich zum Hartz4 Regelsatz mit Recht auf berufliche Qualifizierung.