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Kommentar Guantanamo-HäftlingeLasst sie in Ruhe!

Wolf Schmidt
Kommentar von Wolf Schmidt

Noch bevor die beiden Guantánamo-Gefangenen in Deutschland sind, verbauen ihnen die Medien eine Resozialisierung. Dabei existieren keine strafrechtlichen Vorwürfe gegen sie.

Es war klar, dass es so kommen würde. Da konnte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) noch so sehr um die Chance für einen Neuanfang werben, der für die beiden Männer nur ungestört möglich sei - also auch nur, wenn sich die Medien zurückhalten.

Doch am Tag, nachdem der Innenminister bekannt gegeben hatte, zwei Guantánamo-Gefangene in Deutschland aufnehmen zu wollen, posaunte die Bild-Zeitung nicht nur die Gefangenennummern der beiden hinaus, sondern auch die vollen Namen des Syrers und des Palästinensers - in einem Fall inklusive Foto. Dazu: Geraune über einen Eventuell-Vielleicht-Aufenthalt in afghanischen Terrorcamps. Überschrift: "Wie gefährlich sind die?"

Bild: taz

Wolf Schmidt ist Inlandsredakteur der taz.

Noch bevor die beiden Guantánamo-Gefangenen in Deutschland sind, wird ihnen so eine Resozialisierung verbaut. Es ist abzusehen, dass Boulevardreporter ihnen auflauern werden, sobald die beiden in Rheinland-Pfalz und Hamburg leben. Sie werden jeden Schritt und Tritt beobachten. Das Stigma Guantánamo wird an den Männern ein Leben lang kleben bleiben. Sie werden frei sein - und doch ewig Gefangene bleiben. Dabei erheben die US-Amerikaner schon lange keinen Terrorverdacht mehr gegen sie. "Cleared for release" heißt die Formulierung hierfür. Eine Anklage hat es nie gegeben. Es existieren keine strafrechtlichen Vorwürfe, weder in den USA noch in Deutschland noch in ihren Herkunftsländern. Eine Delegation des Bundeskriminalamts und des Innenministeriums hat sie überprüft und keine Bedenken erhoben, zudem wurden die Sicherheitsbehörden anderer EU-Staaten angehört.

Was soll man eigentlich noch machen, damit jemand nach fast zehn Jahren rechtsstaatswidriger Lagerhaft die Chance auf einen Neuanfang bekommen darf? Lasst sie in Ruhe!

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Wolf Schmidt
Inlandsredakteur (ehem.)
Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.

11 Kommentare

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    Karin Bryant

    ..wieso resozialisieren? Kann doch nur versuchen Leute zu resozialieren die schon in der BRd gelebt haben. Das ist hier ganz offenbar nicht der Fall.Sie sind Auslaender, angeblich gibt es in ihrer respektiven Heimat keine Kriminelle Anklagen gegen sie,also,nichts verhindert dass sie zurueck gefuehrt werden.

    Ich habe seber ans das Innenministerium geschrieben,die Aufnahme reklamiert und bekam als Antwort dass man durch die Aufnahme Druck auf die USA machen will selber Gitmo Leute aufzunehmen. Ganz offenbar wissen die nicht dass der Senat ein Gesetz erlassen hat das verhindert dass auch nur ein GITMO Insasse in USA Asyl bekommt.

  • J
    jakob

    Es ist doch klar, dass die ehemaligen Guantanamo-Insassen NICHT in Ruhe gelassen werden dürfen:

     

    Selbst wenn sie vor der Inhaftierung keine Terroristen waren, jetzt sind sie garantiert welche...

     

    (Das war Sarkasmus, für alle die's nicht gemerkt haben)

  • WM
    Will Masosagen

    Ja, lasst Sie in Ruhe in ihre Heimatländer zurückkehren.

    Wenn ihnen nichts vorzuwerfen ist,

    haben Sie dort auch nichts zu befürchten.

    Hier, in unserer "verkommenen" Umgebung werden Sie sich nie wohlfühlen. Koste es was es wolle.

  • H
    Hoast

    Richtig!

  • V
    victor

    Ich möchte nicht in der Haut von unserem Innenminister stecken wenn einer dieser "Unschuldigen" einen Terroranschlag in Deutschland verübt, ich kann nur hoffen, dass dann alle Verantwortlichen vor einem Gericht landen.

     

    Meines Erachtens ist es sehr dumm und unverantwortlich solche Menschen nach Deutschland zu bringen.

     

    Sicherheit darf man nicht auf dem Altar des falsch verstandenen Humanismus opfern.

  • JB
    Joachim Bovier

    Wenn diese Terrörverdächtigen aus Guantanomo, die nachgewiesenermassen Al-Kaida-TZrainingslager besucht haben, angeblich so ungefährlich sind, warum gelingt es US Präsident Obama dann nicht, auch nur einen einzigen der 50 US Bundesstaaten - darunter etliche mit Gouverneuren seiner demokratischen Parteifreunde - davon zu überzeugen, diese Leute aufzunehmen? So ungefährlich, wie Herr de Maiziere glauben machen will, sind sie also nun wohl doch nicht! Warum sollen wir die Sicherheitslage in Deutschland mit den vorhersehbaren Kosten für das notwendige ständige Polizeiaufgebot zur Beachung herzhalten und diese Leute auch noch aus unseren Sozalkassen durchfüttern? Es ist nicht unsere Aufgabe, Herrn Obamas vollmundige versprechungen einzulösen. Die Bundesregierung hatte versprochen keine Guantano-Häftlinge aufzunehmen, wieder einmal ist diese Regierung umgefallen und ihr engster Vertrauter de Maiziere brüskiert die Konseravtiven vorsätzlich. So werden CDU/CSU die Stammwähler gewiss nicht wiedergewinnen.

  • J
    jakob

    Die Argumentation ist doch so einfach wie grausam:

     

    Wenn sie vorher keine Terroristen waren sind sie jetzt doch auf jeden Fall welche...

  • H
    HamburgerX

    Resozialierung im Prinzip ja. Aber wenn die so ungefährlich sind, warum werden die dann nicht wieder in ihre Heimatländer geschickt?

     

    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man schon den Besuch eines Terrorcamps unter Strafe stellen sollte. Alle Ausländer, die in Deutschland wohnen und ein Camp länger als einen Tag besucht haben, sollten umgehend ausgewiesen werden.

  • O
    otto

    Lasst Uns in Ruhe, schickt sie zu ihren Familien!

  • FJ
    fritze Jost

    Alles was hier geschrieben wurde hat seine Richtigkeit. Erhebt sich nur die Frage wer kommt für die Kosten auf? 1. Es ist doch davon auszugehen, dass diese Menschen kein Deutsch sprechen. 2. Haben sie wahrscheinlich keine Ausbildung die ihnen einen Job verschaffen kann. 3. Wahrscheinlich sind diese armen Menschen traumatisiert und müssen in Behandlung.

    Stellt Herr Innenminister die Mittel dafür bereit?

  • V
    vic

    Wenn diese Menschen wüssten, was sie hier erwartet, würden sie vermutlich lieber dort bleiben.

    Bild, dieses Drecksblatt wird ihnen die Hölle auf Erden bereiten. Die Jagd ist eröffnet und "das Volk" macht mit.