Kommentar Grüne und Olympia: Sündenfall Winterspiele
Die grünen Olympiafreunde in Bayern sind dabei, einer immer wieder auch korrupten Sportorganisation wie dem IOC eine Bühne für ihre Milliardengeschäfte zu zimmern.
B ei den Grünen in Bayern rumort es. Es tobt eine Schlacht, wie man schon viele ausgefochten hat. Und doch liegen die Dinge diesmal etwas anders. Denn eigentlich hatte man gedacht, die Zeiten seien vorbei, in denen Ökofundis noch ernst genommen wurden im Kampf gegen die Politrealos einer Partei, die auf dem Weg ist, von beinahe allen in der Gesellschaft irgendwie okay gefunden zu werden. Nun tobt ein Meinungsstreit um die Austragung Olympischer Winterspiele 2018 in München und dem benachbarten Garmisch-Partenkirchen.
Jene in der Partei, die wie Grünen-Chefin Claudia Roth für die Bewerbung trommeln, träumen davon, sie könnten damit die grünsten Olympischen Winterspiele, die die Welt je gesehen hat, mit gestalten. Für andere wiederum verbieten sich gigantische Wintersportevents gänzlich, die schon lange nur noch mit chemisch aufbereitetem Kunstschnee möglich sind. Die einen würden die anderen gern in die Meckerecke abschieben - dahin also, wo andere Fundis wie die Pazifisten oder die Umverteilungslinken bereits erfolgreich entsorgt wurden.
Die Olympiabewerbung von Garmisch stürzt manche Grüne in längst vergessene Gewissenskonflikte: Darf man autobahnähnliche Umgehungsstraßen, die durch ein enges Alpental führen, als "nachhaltig" feiern, nur weil das olympische Dorf in Niedrigenergiebauweise errichtet wird? Sind zubetonierte Weidewiesen kein Umweltverbrechen mehr, wenn darauf nur noch Hybridautos parken?
ANDREAS RÜTTENAUER ist Redakteur im taz-Ressort Leibesübungen.
Und ist die Rodung von Bergwäldern zum Ausbau der Skipisten nur noch halb so schlimm, wenn zugleich ein Ökoinstitut entsteht, in dem der Schaden für die Bergwelt wissenschaftlich dokumentiert wird? Solche Fragen werden in Bayern nicht nur von Extremmüslis, sondern auch von Bergbauern und heimatdoofen Trachtlern gestellt. Ihnen müssen sich die grünen Olympiabefürworter genauso stellen wie der Frage, mit wem sie da gemeinsame Sache machen.
Die grünen Olympiafreunde sind dabei, einer völlig intransparenten und immer wieder auch korrupten Sportorganisation wie dem Internationalen Olympischen Komitee eine Bühne für ihre Milliardengeschäfte zu zimmern. Doch all das wird kein Thema mehr sein, wenn die ersten deutschen Goldmedaillengewinner 2018 von der schwarz-rot-goldenen Masse gefeiert werden. Eine 20-Prozent-Partei darf bei dieser Party nicht fehlen. Das Umweltgewissen stört da nur.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Getöteter General in Moskau
Der Menschheit ein Wohlgefallen?
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Bombenattentat in Moskau
Anschlag mit Sprengkraft
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz