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Kommentar Große KoalitionDie Schwarz-Rot-Falle

Kommentar von Ralph Bollmann

Der gemeinsame Beitrag gegen die Pendlerpauschale von Koch und Steinbrück in der SZ zeigt, dass manche Politiker von SPD und CDU die große Koalition gerne noch länger hätten.

Bild: taz

Ralph Bollmann ist Ressortleiter im taz Parlamentsbüro.

Wie Plisch und Plum präsentieren sich Peer Steinbrück und Roland Koch auf einem Foto, das gestern in einer großen deutschen Tageszeitung ihren gemeinsamen Debattenbeitrag gegen eine Wiedereinführung der Pendlerpauschale illustrierte. Wie einst SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller und CSU-Finanzminister Franz Josef Strauß in der großen Koalition zwischen 1966 und 1969, inszenieren die beiden als Unsympathen geltenden Politiker den Gleichklang der wirtschaftlich Vernünftigen in beiden großen Volksparteien, jenseits eines angeblich kleinkarierten Parteiengezänks. Der einzige Unterschied ist, dass Koch - anders als seinerzeit Strauß - nicht als Bundesminister amtiert. Noch nicht? Schließlich muss er im November seine Abwahl fürchten, Amtsinhaber Michael Glos gilt allgemein als glücklos, und nach der Wahl im Herbst 2009 werden die Kabinettsposten ohnehin neu zugeteilt.

Aber nicht nur aus persönlichen Karrieregründen stehen Koch und Steinbrück als prominenteste Exponenten für eine ganze Reihe von Politikern bei Union und SPD, denen eine Fortsetzung der großen Koalition über diesen Termin hinaus nicht unlieb wäre. Das Rentenalter mal schnell auf 67 Jahre hochzuschrauben, die Kassenbeiträge für alle günstig Versicherten umstandslos auf fast 16 Prozent zu erhöhen oder den Haushalt zu sanieren: So bequem wie im gemeinsamen Kabinett könnte keine der beiden Volksparteien gegen die jeweils andere regieren. Die Erregungsdemokratie der rot-grünen Zeit hat das Nervenkostüm manches Sozialdemokraten sehr strapaziert. Auch die Union würde sich noch umschauen, müsste sie im Bündnis mit der FDP ihr glücklich versenktes Reformprogramm wieder hervorkramen.

Auf Dauer lassen sich reale Konflikte aus dem Regierungsgeschäft allerdings nicht ausblenden. Sie kehren in Form von Wahlergebnissen zurück. Die SPD kämpft jetzt schon im Westen um ihren Status als zweitstärkste Partei, die CSU in Bayern um die absolute Mehrheit, auch die CDU hat bei den letzten Landtagswahlen Stimmenanteile verloren. Eine große Koalition für alle Ewigkeit könnte eines Tages daran scheitern, dass die Mehrheit dafür nicht mehr reicht.

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