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Kommentar GriechenlandHöher pokern

Kommentar von Richard Rother

Niemand will es ausprobieren – das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Die Griechen müssen also alleine zeigen, wie sie die Krise meistern wollen.

S ie haben die Demokratie erfunden – die Griechen. Und am Sonntag steht für sie, die jahrelang mal der einen und mal der anderen Klientelpartei ihre Stimme gaben, eine Schicksalswahl bevor.

Die großen Fragen lauten: Lässt sich Griechenland, weitere europäische Solidarität erfahrend, ökonomisch einigermaßen stabilisieren und gesellschaftlich erneuern? Oder stürzt Hellas, aus der Eurozone fliegend, ins Chaos und auf das ökonomische Niveau Albaniens? Und zieht es damit die gesamte Eurozone runter, was eine globale Rezession bedeuten würde?

Aus europäischer Sicht ist dabei gar nicht wichtig, welche Regierung die Griechen wählen – sondern dass sie eine handlungsfähige Regierung wählen. Eine, die sich mit ihren Europartnern ins Benehmen setzt und die Zusagen auch einhält. Selbst die Linksradikalen könnten sich – in einer Koalition mit den Sozialisten und anderen – zu einer realistischen Einschätzung der Lage durchringen.

Richard Rother

ist Redakteur im Ökologie- und Wirtschaftsressort der taz.

Hilfen kann es nur bei Gegenleistungen geben. Die Wichtigste ist hier: Griechenland muss ein funktionierendes Staatswesen aufbauen, in dem die Steuern bezahlt, der Immobilienbesitz registriert und die alltägliche Korruption zurückgedrängt werden.

Auch die Linksradikalen, die zu Recht vor den sozialen Verwerfungen des Spardiktats warnen, wissen, dass ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro der schlimmste Fall für alle wäre – zuerst für die Armen in Griechenland, die kein Geld haben, das sie ins Ausland schaffen könnten. Eine neue griechische Regierung wird deshalb beim Verhandeln über EU-Hilfen nicht zu hoch pokern.

Vorsicht ist aber auch bei den europäischen Partnern geboten. Denn ein Staatsbankrott Griechenlands ist nicht nur für den Schuldner, sondern vor allem für die Gläubiger ein Problem. Von den direkten Verlusten einmal abgesehen – keiner weiß genau, welche Folgen ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone hätte. Fallen dann andere Krisenländer wie Dominosteine, brechen der Euro und die EU zusammen – oder ließe sich das Problem eindämmen?

Wie gesagt, niemand weiß es, und die meisten wollen es auch nicht ausprobieren. Schließlich können Krisen schnell eine böse Eigendynamik entwickeln. Immerhin das haben die Griechen verstanden. Jetzt sollten sie sich endlich zusammenraufen und – ganz demokratisch – zeigen, wie sie ihre Krise meistern wollen.

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
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5 Kommentare

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  • W
    Wertkonservativliberaler

    @ NorbertdasErpeltier: Ihr Zitat - "Überall, außer in Deutschland, das immerhin die Krise in Südeuropa maßgeblich mitverschuldet und lange von ihr profitiert hat, ist dies in der öffentlichen Diskussion ein aktzeptables Argument."

     

    Das ist so lächerlich.

     

    Deutschland ist nicht Schuld daran, dass es in Griechenland Wählerstimmenkauf durch Ämterpatronage und keine funktionierende Steuerverwaltung gibt; nicht Schuld daran, dass reeder und Luxusyachtenbesitzer gerdae mal ein Jahreseinkommen von 20.000 EUR versteuern, wenn überhaupt. Deutschland ist auch nicht Schuld daran, dass das reiche Norditalien unwillig ist, für das mafiöse Süditalien Strukturförderprogramme aufzulegen, wie es die alten Bundesländer für die ehemalige DDR tat. Deutschland profitiert auch nicht davon, an Griechenland Exportgüter zu "verkaufen", wenn diese gar nicht bezahlt werden, sondern über deutsche öffentlich-rechtliche Kreditbanken - also durch den Steuerzahler in Deutschland - abgesichert sind.

     

    Der deutsche Michel soll bis 67 arbeiten, damit der Franzose mit 60 in Rente gehen kann?

     

    Was meinen Sie, wie lange dieses Deutschen-Bashing der EU-Südländer gut geht?

  • JO
    James Overstolz

    Ich denke, dass dies ein sehr komplexes Thema ist, teile aber trotzdem die Sorgen vieler, die sich dazu mit entgegensetzten Vorstellungen äußern.

     

    Die Türkei als auch Argentinien liefern Fallstudien, wie man mit schweren Krisen umgeht.

     

    Die harte Landung in die Realität wird auch die Märchenerzähler der SYRIZA erwischen - mit welchem Pfund wollen sie denn nach den Wahlen wuchern? Syriza wird vollkommen nackt dastehen. Die Märkte werden Griechenland in die Wüste schicken.

     

    Der gute, aufständische Tsipras sollte den Leuten lieber reinen Rhetsina einschenken.

     

    Als Grieche würde ich trotzdem eine linke Gruppierung wählen, denn sie sind die einzigen,

    die langfristig etwas an der traurigen Tatsache ändern können, dass immer noch nicht nicht jene die Rechnung bezahlen, die für die Krise verantwortlich sind. Die alten Kröten des Establishments sind schlicht nicht wählbar.

     

    Sind es nicht gerade die blinde, verfrühte Einführung des Euro in GR (nicht im 'Kerneuropa') und jetzt das dogmatische Festhalten an ihm, die für die Vertiefung der Krise dort verantwortlich sind?

     

    Die Panikmache interessierter Finanzkreise auch in der TAZ auszubreiten, halte ich für falsch. Man muss sich auf ein GR ohne Euro einstellen und der realen Krise in Spanien, Italien, Belgien, FR etc. ins Auge schauen.

     

    Das kleine GR kann sich seit 2010 nicht mehr refinanzieren und wird trotz des bereits erfolgten Schuldenschnitts und aufgezwungener Hilfsprogramme auf Jahre nicht in den grünen Bereich kommen.

  • Y
    yberg

    na und,die griechen wollen sich weiter retten lassen,genauso wie die europäischn banken,denen 1 000 milliarden aus dem ersten halbjahr 2012 nicht reichen und die allein in spanien noch einmal soeben 100 milliarden kompott bekommen von denen übriges auch ein teil bei deutschen gläubigerbanken landen werden.

     

    was soll denn diese gefasel von zusammenbruch und albanien und europauntergang.

     

    gerade weil wert von vermögen an ein belastbares funktionieren der märkte und der wirtschaft in allen bereichen und ländern gekoppelt ist,wird den kapitaleignern der banken,der konzerne,der großvermögen an einem untergang nicht gelegen sein und nach kurzfristigen,bereits jetzt vorhandene verwerfungen z.b.bip einbruch,hohe arbeitslosigkeit,sozialabbau,verarmung,die sicher die breite bevölkerungsmehrheit wirtschaftlich belasten,je nach land und zustand der volkswirtschaft jedoch verschieden, wird ihnen schon was einfallen

     

    die kapitaleliten werden nach einem auch für sie teuer erkauften weiterso genauso wie die bevölkerungen auf niedererem niveau weiter machen,sie betrifft es jedoch nicht existenziell,wie ein großteil der bürger,die eliten befürchten den verlust der deutungshoheit und macht

     

    unsre selbsternannten politeliten werden im rahmen dieser turbulenzen hinter den vermögenden wie immer herdackeln oder der eine und die andere als blitzableiter ins licht gestellt und geopfert

     

    weltuntergang geht anderst,da müßte unsrer angsthasenfraktion in den präsidenten- und kanzlerämtern schon ein roter knopf zur vergfügung stehen.

     

    der tanz ums goldenen kalb wird zum mühsameren spaziergang,wer weiß für was das gut ist...

  • X
    XXX

    Also ich persönlich hätte den Ausstieg Griechenlands schon sehr gerne im Frühjahr 2010 ausprobiert - dann nämlich, als noch nicht 50 Prozent der Schulden bei uns Steuerzahlern, sondern bei Banken und Hedgefonds lagen. Und ich würde den Ausstieg auch lieber jetzt als in einem Jahr durchführen, wenn der Rest auch noch bei der EZB gelandet ist. Je früher unvermeidliches geschieht, desto besser.

  • N
    NorbertDasErpeltier

    Griechenland kann nur geholfen werden, wenn die deutsche Regierung und ihre Handlanger endlich von der ruinösen Austeritätspolitik abrücken, die die Wirtschaft in eine Abwärtspirale bringt. Überall, außer in Deutschland, das immerhin die Krise in Südeuropa maßgeblich mitverschuldet und lange von ihr profitiert hat, ist dies in der öffentlichen Diskussion ein aktzeptables Argument. Der Neoliberale Diskurs ist am Leben, lange nachdem er sich in den Jahren 2007 ff. an der Realität bis auf die Knochen blamiert hat.

     

    Ich wünsche SYRIZA alles Gute. Griechenland hat nichts zu verlieren - den Sparkurs KANN es nicht weiterfahren, deswegen bleibt nur noch die Hoffnung, dass die Deutsche Regierung nicht so verblendet ist, es unkontrolliert pleite gehen zu lassen.