Kommentar Grenzkontrollen: Auch Deutsche unter den Opfern
Die EU-Innenminister wollen zurückkehren in eine Zeit, in der Nationalstaaten ohne Rücksicht auf ihre Nachbarn entschieden. Sie widersprechen damit dem europäischen Geist.
D ie Abgeordneten im Europäischen Parlament werden die EU-Regierungen beim Europäischen Gerichtshof verklagen. Sie wollen den Alleingang der Mitgliedstaaten bei der Gestaltung der neuen Regeln für den Schengenraum nicht akzeptieren. Und das ist gut so.
Schengen und die damit verbundene Freizügigkeit für die EU-Bürger sind das Herz der Gemeinschaft, und das gilt es zu verteidigen – gerade jetzt in Krisenzeiten. Statt die EU zumindest an dieser Stelle zu stärken, fordern die EU-Innenminister, in Zukunft alle Entscheidungen über Schengen im Alleingang – und ohne Mitsprache des Europäischen Parlaments – treffen zu können.
Das widerspricht dem europäischen Geist und lässt die Länder zurückkehren in die Zeit, in der die Nationalstaaten alleine entschieden – ohne Rücksicht auf ihre Nachbarn. Eines ist nämlich klar: Von möglichen Grenzschließungen in Frankreich oder Österreich werden auch Deutsche bei ihren Reisen betroffen sein.
Als Frankreich und Dänemark im vergangenen Jahr wieder stärker an ihren Grenzen kontrollierten, kam Protest auch aus Berlin. Doch nun ist der schwarz-gelben Regierung das Bollwerk gegen Flüchtlinge aus Drittländern wichtiger geworden als die Reisefreiheit der eigenen Bürger.
Die verteidigt nun wenigstens noch das Europäische Parlament – auch wenn die Klage beim Europäischen Gerichtshof sich zunächst nur gegen eine Verfahrensfrage wendet: Die Innenminister wollen die Abgeordneten in Zukunft von allen Entscheidungen zur Evaluierung der Schengenregeln ausschließen. Dagegen will das Parlament klagen. Es scheint ein Detail zu sein. Aber die Parlamentarier machen auf diese Weise deutlich, dass die Mitgliedstaaten nicht machen können, was sie wollen, und dass es sich lohnt, für die gemeinsamen Errungenschaften einzutreten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
+++ Nachrichten zur Ukraine +++
Gespräche bei der Sicherheitskonferenz
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Nach der Sicherheitskonferenz
Expressverbindung von München nach Paris