Kommentar Greenwashing: Aidas Freunde
Die Kreuzfahrtindustrie braucht politische Vorgaben zu Umweltauflagen. Vorbild ist die Frachtschifffahrt.
K ann man den Teufel mit dem Belzebub austreiben? Einen Versuch wagen die „Freunde des Meeres“. Freundin ist eine frühere Greenpeace-Aktivistin und Ex-SPD-Umweltlandesministerin – nun in Diensten der Reederei Aida. Freund ist der grüne Umweltsenator einer Stadt, die in enger wirtschaftlicher Verbundenheit mit der Reederei Aida dahindümpelt. Freund ist auch ein Theaterdirektor und früherer Präsident eines Hamburger Fußballvereins mit Rebellen-Image, der für die Reederei Aida die bunten Unterhaltungsprogramme an Bord der (Alp-)Traumschiffe managt.
Diese drei „Freunde“ bilden nun mit anderen C-Promis den Rahmen für Aida-Chef Michael Ungerer. Der Kreuzfahrer hat für sie eigens eine Bürgerinitiative gegründet: die „Freunde des Meeres“.
Die PR-Band „Ungerer and Friends“ spielt groß auf. Was nützt es schon, an den eigenen paar Kreuzfahrtschiffen herumzudoktern, wo die Freunde doch gleich das sensible Ökosystem Meer „national und international“ schützen wollen und erhalten. Oder andersherum? Egal. Damit viele Freunde zusammenkommen, ist die Mitgliedschaft in der neuen Bürgerinitiative kostenlos, ja kostenlos. Teuflischer Plan. Dabei wusste doch schon die Großmutter an der Küste, hier in hochdeutscher Fassung: „Was nichts kostet, ist nichts.“
Nun mag man Ungerer und seinen Freunden bis zu einem bestimmten ökonomischen Punkt ihr Engagement abnehmen. Doch ohne Politik kann es nicht ausreichen. Ausgerechnet die Frachtschifffahrt hat belegt, wie schnell sich eine Industrie auf harte Umweltauflagen umstellen kann, wenn Parlamente und Regierungen – hier zunächst in den USA – Küsten und Häfen schützen. Gegen die maritime Urlaubsindustrie wäre Landstrom in Hamburg ein guter Anfang.
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