Kommentar Gleichstellung: Das Geistergesetz
Die Frage ist, ob Kanzlerin Merkel das Quotengesetz so wichtig findet, dass sie eine Lösung sucht - oder ob sie es gegen die Wand fahren lässt. Dann wäre der Spuk bald vorüber.
E s ist ein Politikstil der höchsten Not. Das Bundesfrauenministerium steckt mit seinem Flexiquotengesetz für die Wirtschaft in der Klemme, weil die FDP es blockiert. Statt es also in den Ministerien und Gremien zu beraten, werden Teile des Entwurfs an die Presse lanciert. Und das an dem Tag, an dem der Bundestag über ein Quotengesetz der Grünen debattiert.
Schröders Entwurf ist ein Geistergesetz in mehrfacher Hinsicht. Zum einen debattierte das Parlament Freitag über Quotengesetze, ohne dass der wichtigste Entwurf, der der Regierung, dabei ist - denn er ist ja offiziell noch nicht vorgelegt.
Zum anderen wirken die Auszüge des Entwurfs, die bekannt sind, etwas geisterhaft, weil sie der Privatwirtschaft eine selbstgewählte flexible Quote von minimal einer einzigen Frau in jedem Führungsgremium vorschreiben. Wirksame Sanktionen scheinen auch nicht vorgesehen.
ist Redakteurin für Geschlechterfragen in der taz.
Drittens geistert in dem Konvolut auch eine Änderung des Bundesgleichstellungsgesetzes herum, die so aussieht, als sollten die Gleichstellungsbeauftragten gleich mit abgeschafft werden. Das Ministerium verweigert jede Erläuterung. Das Ganze wirkt extrem hilflos.
Die grundsätzliche Frage ist seit Monaten, ob man der FDP die Flexiquote abhandeln kann. An den Inhalten des Gesetzes kann das kaum liegen: Unternehmen geben sich selbst eine Quote, eine einzige Frau reicht. Da auch noch die geplanten Sanktionen außerordentlich zahm sind, kann die FDP eigentlich kaum noch von "aggressiver Zwangsquote" reden.
Es ginge ihr, der FDP, um das Symbolische: "Regulierung der Wirtschaft? Nicht mit uns." Ein weiteres kaum lösbares Dilemma für die Koalition. Die Frage ist, ob Kanzlerin Merkel das Gesetz so wichtig findet, dass sie es in eine Paketlösung einbezieht - oder ob sie es gegen die Wand fahren lässt. Dann wäre der Spuk bald vorüber.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin