Kommentar Geheimakten Verena Becker: Offenlegung jetzt!
Heute ist die RAF Geschichte und auch Becker nicht mehr schutzwürdig. Jetzt laufen neue Ermittlungsverfahren, für die es auf die Frage ankommt, wer damals geschossen hat.
Man sollte nicht zu viel erwarten, aber die derzeit weithin erhobene Forderung ist richtig: Die Geheimhaltung der Verfassungsschutz-Akten von Ex-RAF-Mitglied Verena Becker sollte aufgehoben werden. Die Akten müssen in den laufenden Ermittlungsverfahren gegen Becker und Stefan Wisniewski verwendet werden können.
Dass die Akten früher zunächst nicht gerichtsverwertbar waren, ist allerdings durchaus nachvollziehbar. Erstmals redete ein Mitglied der RAF-Kommando-Ebene über die inneren Strukturen der Gruppe. Das war vor allem für Fahndungszwecke viel wert. Was die Ermittler wussten, sollte die Gegenseite nicht erfahren.
Christian Rath ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Die heute so brisanten Aussagen zum Buback-Mord waren damals weniger zentral. Becker sagte 1981, dass Knut Folkerts nicht zum engeren Tat-Trio gehörte, sondern Stefan Wisniewski geschossen habe. Aus Sicht der Ermittler gab es kein Fehlurteil. Der bereits verurteilte Folkerts war wohl zumindest an der Vorbereitung des Anschlags beteiligt und galt deshalb so oder so als Mittäter. Stefan Wisniewski erhielt bereits "lebenslänglich" für seine Beteiligung am Schleyer-Mord, ein weiteres Lebenslänglich hätte eine Offenlegung der Becker-Aussagen nicht gerechtfertigt.
Heute ist die RAF Geschichte und auch Becker nicht mehr schutzwürdig. Sie hat den Verrat gegenüber ihren Genossen schon in den 80er-Jahren gestanden. Jetzt laufen neue Ermittlungsverfahren, für die es entscheidend auf die Frage ankommt, wer damals geschossen hat.
Der wesentliche Inhalt von Beckers Aussage ist zwar bekannt. Es stellt sich aber die Frage, woher sie ihr Wissen hatte, wie verlässlich ihre Aussage also ist. Wer die Akten weiter geheim hält, braucht sich über Verschwörungstheorien nicht zu beklagen.
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