Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
"Gleich fünf EU-Staaten – Deutschland ist auch dabei – erklärten sich am Wochenende bereit, 250 der 450 Flüchtlinge zu übernehmen, die in der Nacht zum Montag im sizilianischen Pozzallo an Land gingen."
Was ist mit den restlichen 200 Flüchtlingen? Bleiben die an Bord oder übernimmt der böse Unmensch Salvini die in Italien?
Der Salvini ist wie alle Rechten ein ausgemachter Feigling. Den machtlosen Küstenwachen Besatzungen die Entscheidung aufzunötigen, entweder den ältesten Grundsatz der Seefahrerei zu brechen und Schiffbrüchige ertrinken zu lassen, oder ihnen, mit den Bedauernswerten an Bord, den Heimathafen zu verweigern.
Ehrloser und feiger geht es nicht. Das ist so typisch für diese politische Gesinnung. Bäh, es würgt einen richtig!
Eine solidarische EU-Flüchtlingspolitik würde in meinen Augen zunächst gemeinsame Reglen voraussetzen. Dies verhindert aber der hohe Standard in Deutschland, weil hier als einzigem Land der EU Asyl ein grundgesetzlich garantiertes Individualrecht ist.
In Deutschland hat man es jahrzehntelang versäumt, über eine EU-weite Angleichung zu verhandeln. Keine Ahnung, ob es aus der aktuellen, verfahrenen Situation noch einen Ausweg gibt. Am Ende verlieren alle.
Eine Diskussion über ein Paritätsgesetz im Bundestag ist jetzt genau richtig. Denn zukünftig könnte der Bundestag noch männerdominierter sein.
Kommentar Geflüchtete in Europa: Salvinis Erpressung
Die von Frontex geretteten Geflüchteten werden von Italien auf weitere EU-Länder verteilt. Eine humane Geste – im Kontext inhumaner Politik.
Im Hafen von Pozallo, Sizilien Foto: ap
Das ist doch mal ein positives Signal. Gleich fünf EU-Staaten – Deutschland ist auch dabei – erklärten sich am Wochenende bereit, 250 der 450 Flüchtlinge zu übernehmen, die in der Nacht zum Montag im sizilianischen Pozzallo an Land gingen.
So wünschen wir uns doch eigentlich Europa: als Kontinent, der sich geeint und solidarisch zeigt bei der Aufnahme, der sich nicht als Sammelsurium von Staaten präsentiert, die jeder für sich die Grenzen dicht machen.
Und doch will über die Entscheidung keine Freude aufkommen – außer bei Italiens Innenminister Matteo Salvini. Er nämlich hat die anderen Staaten der EU schlicht erpresst, indem er die Flüchtlinge gleichsam als Geiseln nahm, sie zwang, tagelang unter der gleißenden Mittelmeersonne an Bord der beiden Schiffe der italienischen Finanzpolizei und der britischen Marine auszuharren.
Ausgerechnet damit erreichte er, was alle politischen Kräfte Italiens fordern, was den Vorgängerregierungen jedoch versagt blieb – die europäische Solidarität mit Italien bei der Flüchtlingsaufnahme. Er darf jetzt den Triumph auskosten, dass ausgerechnet sein rüdes Vorgehen gegen die Flüchtlinge sich auszahlt, dass er jene Zugeständnisse erreicht, die zum Beispiel seinem Ministerpräsidenten Giuseppe Conte noch auf dem EU-Gipfel am 28. und 29. Juni verweigert wurden.
So steht Salvini plötzlich als der Mann da, der Europas Binnengrenzen für Flüchtlinge durchlässiger macht. Dabei geht es ihm um das Gegenteil: nicht um offenere Grenzen, sondern um geschlossene Häfen.
Das exerzierte er erst mit den NGO-Schiffen durch, mittlerweile trifft seine Blockadepolitik sogar Schiffe des italienischen Staates und der EU-Mission Frontex. Umverteilung der wenigen, die überhaupt noch kommen, statt Aufnahme – dies ist sein offen verkündetes Programm. Letzten Endes hat Europa sich mit der Übernahme der 250 Flüchtlinge auf dieses Spiel eingelassen. Gewiss, eine humane Geste. Doch sie steht im Dienst einer inhumanen Politik.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Themen