Kommentar Gaza-Waffenstillstand: Vorbild Libanon
Als Raketen aus dem Libanon auf den Norden Israels flogen, nahm sich Beirut der Sache an. So müsste es auch im Gazastreifen laufen.
D er Zwischenfall an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon zeigt, wie ein Waffenstillstand in der Region funktionieren kann. Da fliegen Raketen auf den Norden Israels, und kein Mensch regt sich groß darüber auf. Grund für die Gelassenheit ist, dass es auf libanesischer Seite jemanden gibt, der sich der Sache annimmt. Die Regierung in Beirut wird die Aggressoren suchen und hoffentlich vor ein Gericht stellen, wenn sie sie gefunden hat.
Susanne Knaul ist Israel-Korrespondentin der taz.
Israel lässt sich gern die Arbeit abnehmen. So dachte in Jerusalem niemand daran, Truppen loszuschicken, als ein jordanischer Polizist in der Grenzregion zwischen beiden Staaten sieben israelische Schülerinnen erschoss. Der Täter kam vor ein jordanisches Gericht und wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Eine Militäroperation steht genauso wenig zur Debatte, wenn an der ägyptisch-israelischen Grenze Bomben explodieren. Die Führungen der drei benachbarten Staaten ziehen im Kampf gegen den Terror am gleichen Strang.
Die Einigung mit dem Libanon ist allerdings wackliger als die Friedensverträge, die Israel mit Jordanien und Ägypten verbindet. So gern die libanesische Armee ihren Verpflichtungen nachkommen würde - mit den Truppen der Hisbollah könnte es sie im Ernstfall nicht aufnehmen. Die schiitischen Extremisten wiederum interessiert die Waffenstillstandsverpflichtung wenig. Was sie bremst, ist in erster Linie die Erfahrung, dass Israel hart zuschlagen wird, wenn es sich bedroht fühlt.
Auf die Abschreckungskraft hofft Israel nun auch bei der derzeitigen Militäroperation im Gazastreifen. Dort steht jedoch nicht mal ein impotenter Vertragspartner zur Verfügung. Dabei könnte die Hamas, wenn sie nur wollte, besser als jede andere Instanz für Ruhe innerhalb des Gazastreifens und im Grenzgebiet sorgen. Selbst wenn die Hamas die eigenen Kämpfer in der Vergangenheit je nach Waffenstillstandslage die Aggressionen einstellen ließ, dann gab es doch andere, die das Streichholz an den Zünder der Kassams hielten und es gern immer wieder täten, denn Verfolgung brauchen sie nicht zu fürchten. Jedenfalls nicht von der eigenen Führung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren