Kommentar Gauck in Israel: Freundliche Worte für Israel

Die Zweistaatenlösung rückt unter der Regierung Netanjahus in immer weitere Ferne. Trotzdem hört man von Joachim Gauck bei dessen Israelbesuch nur versöhnliche Töne.

Unter Freunden müsse man sich kritisieren dürfen, hat Bundespräsident Joachim Gauck in einem Interview mit einer israelischen Zeitung gesagt. Noch aber bleiben offen kritische Töne des neuen deutschen Staatsoberhauptes aus. So frisch im Amt empfindet er vermutlich noch nicht das rechte Vertrauen, sich diese Freiheit herauszunehmen. Ob sein Antrittsbesuch im Heiligen Land der Anfang einer wunderbaren Freundschaft sein wird?

Seit drei Jahren lenkt die Regierung Benjamin Netanjahus Israel und die Palästinenser auf eine Katastrophe zu. Anstatt den Siedlungsbau einzustellen, lässt sie in immer schnellerer Folge immer mehr israelische Wohnviertel auf palästinensischem Boden errichten.

Die Trennung der beiden Völker in zwei autonome Staaten wird zunehmend zur Utopie. Ohne die Hilfe eines Dritten finden Israel und die Palästinenser nicht zueinander. Mehr denn je sind beide auf gute Freunde angewiesen. Israel könne sich der deutschen Rückendeckung gewiss sein, versicherte Gauck, wenn es um die Existenz und Sicherheit geht.

Deutschland ist mitverantwortlich, und auch die internationale Gemeinschaft ist moralisch dazu verpflichtet, das Überleben des Judenstaates zu garantieren. Diese Verantwortung steht jedoch in keinem Widerspruch zum Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat. Im Gegenteil: Erst die Gründung eines Staates Palästina ermöglicht auf Dauer den jüdischen und demokratischen Staat Israel.

Die Palästinenser sind dankbar für die finanzielle Hilfe, die sie aus dem Ausland erreicht. Als ungerecht empfinden sie es, wenn die USA und Europa Hindernisse aufbauen auf dem Weg zur staatlichen Unabhängigkeit und damit zur Möglichkeit, vor internationalen Gerichten gegen Menschenrechtsverletzungen im besetzten Land zu klagen. Deutschland ist Israels engster Verbündeter in der EU und könnte eine Schlüsselrolle im Friedensprozess spielen, solange die USA durch die Wahlen gelähmt sind. Den Freund daran zu hindern, das Falsche zu tun, wäre jetzt der rechte Auftrag.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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