Kommentar Garzón: Aufklärung unerwünscht
Die beiden Verfahren gegen den Juristen zeigen, dass Spanien noch immer weit davon entfernt ist, eine Rechtsstaat zu sein. Ein mutiger Jurist wird mundtot gemacht.
S paniens Justiz verurteilt auf Betreiben einer Handvoll hochrangiger Politiker und Unternehmer aus der konservativen Partido Popular (PP) Richter Baltasar Garzón wegen Rechtsbeugung zu einem elfjährigen Berufsverbot und damit zum Ende seiner Karriere. Verkehrte Welt, sollte man denken. Doch nein, was vor dem obersten Gerichtshof, dem Tribunal Supremo, geschieht, hat System.
Zwei Verfahren – eines abgeschlossen, eines vor der Urteilsverkündung – gegen den international bekannten Ermittler Garzón sollen andere Richter einschüchtern und davon abhalten, zwei Themen in Angriff zu nehmen: das Krebsgeschwür der Korruption, das von der Gemeindeebene über die Regionalregierungen bis in die Königsfamilie reicht, und die faschistische Vergangenheit des Landes.
Es ist eine unheilige Allianz, die sich gegen den Richter verschworen hat. Sie reicht von den Klägern aus dem Umfeld der regierenden Volkspartei bis zu rechtsradikalen, der Diktatur verpflichteten Organisationen, die in einem zweiten Verfahren gegen Garzón vorgehen, weil dieser die Menschenrechtsverletzungen der Franco-Diktatur untersuchen wollte.
ist Spanien-Korrespondent der taz.
Einer der verhandelnden Richter ist eng mit ehemaligen Ministern der sozialistischen Regierung von Felipe González befreundet, die sich durch Garzón mehreren Verfahren wegen des schmutzigen Kriegs gegen baskische Separatisten in den 1980er Jahren ausgesetzt sah. Ein mutiger Jurist wird von der herrschenden Klasse eines Landes mundtot gemacht.
Wenn überhaupt jemand das Recht gebeugt hat, dann ist es das Tribunal Supremo mit dieser koordinierten Hetzjagd auf Garzón. Die beiden Verfahren gegen den Juristen zeigen, dass Spanien 36 Jahre nach Ende der Diktatur noch immer weit davon entfernt ist, eine Rechtsstaat zu sein, ja einen solchen nicht einmal anstrebt.
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