Kommentar Fußballwettskandal: Der schönste Betrug der Welt
Wenn sein Klub gewinnt, weil irgendein Gauner die andere Mannschaft bestochen hat, dann wird das dem wahren Anhänger nur recht sein. Nur die Verbände haben damit ein Problem.
Ruhig bleiben! Der Fußball ist nicht tot. Die Fans werden ihrer Sportart treu bleiben trotz aller Manipuliererei. Die vermuten sie eh immer und überall. "Schieber!", schallt es durchs Stadion, wenn der Schiedsrichter ein Tor nicht gibt, weil sein Assistent mit der Fahne wedelt. "Fußballmafia DFB!", brüllt die Kurve, wenn ein Schiedsrichter einen Elfmeter gegen die eigene Mannschaft pfeift. Die meisten Sportarten funktionieren für das Publikum nur, wenn es an einen fairen Wettstreit glaubt. Der Radsport in Deutschland hat viele Fans verloren, weil schon lange nicht mehr der beste Radler gewinnt.
Der Fußball dagegen kommt auch ohne diesen guten Glauben aus. Die Manipulation ist als Möglichkeit allgegenwärtig im Emotionstheater Fußball. In den Stadien, in den Fußballkneipen, zu Hause vor dem Fernseher regieren Emotionen. "Der Bessere soll gewinnen!" Einen solchen Satz muss eine Bundeskanzlerin vor einem DFB-Pokalfinale sagen, einem Fan käme er nie über die Lippen. Sein Verein soll siegen. Und wenn sein Klub gewinnt, weil irgendein Gauner die andere Mannschaft bestochen hat, dann wird das dem wahren Anhänger nur recht sein. Und die Fans der Verlierer? Die werden sich bestätigt fühlen in dem Glauben, dass wirklich stimmt, was sie während des Spiels schon vermutet haben: "Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!"
Andreas Rüttenauer ist Redakteur im taz-Ressort Leibesübungen.
Ein echtes Problem haben dagegen die Verbände. Ihre Aufgabe ist es, einen möglichst fairen Wettbewerb zu organisieren. Sie können nicht tatenlos zusehen, wie ihre Wettbewerbe verzerrt werden. In Schiebereien verwickelte Klubs, Spieler und Schiedsrichter müssen sie bestrafen, eventuell Wettbewerbe oder Spiele wiederholen. Letzteres ist im ersten großen Wettskandal in Deutschland unterblieben. Da kann der DFB vieles besser machen - auch wenn es den Fans wurscht sein mag.
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