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Kommentar Fußball im EinwanderungslandVon Horst Hrubesch lernen

Deniz Yücel
Kommentar von Deniz Yücel

Noch immer sind Deutschtürken oder Afrodeutsche in Politik und Co nicht annähernd so vertreten, wie es den demografischen Verhältnissen entsprechen würde.

D ie inländischen Hauptnachrichten aus 24 Stunden: In Karlsruhe verhandelt das Bundesverfassungsgericht über den EU-Vertrag. Die Richter, die über die Klage zu befinden haben, heißen Voßkuhle, Osterloh oder Mellinghoff. In Berlin beraten Politiker über einen Kredit für Quelle. Die Minister und Staatssekretäre, die über die Zukunft des Versandhauses zu entscheiden haben, heißen Guttenberg, Fahrenschon oder Asmussen. In Stockholm schließlich wird die deutsche U21-Nationalmannschaft Europameister. Die Leistungsträger heißen Khedira, Özil oder Boateng. Welche dieser Namenslisten ist bemerkenswert? Die Multikulti-Liste?

Falsch. Übergehen wir einmal die Ausnahmen: den exzellenten biodeutschen Torwart Manuel Neuer und den Verfassungsrichter Udo Di Fabio, der als Enkel italienischer Einwanderer beweist, "Migrationshintergrund" und stockkonservative Gesinnung schließen sich mitnichten aus. Bleiben wir bei der Regel: Noch immer sind Deutschtürken oder Afrodeutsche in Politik oder Unternehmensvorständen, Behörden oder Medien nicht annähernd so vertreten, wie es den demografischen Verhältnissen entsprechen würde. Bemerkenswert ist allein das und nicht die U21.

Gut zehn Jahre ist es her, dass dem Sportskameraden Mayer-Vorfelder zu den französischen Weltmeistern um Zinedane Zidane nichts weiter einfiel, als den Verlust der deutschen Kolonien zu betrauern. Für andere hingegen zeigte das damalige deutsche Team, wie schlecht es um die Integration bestellt war und wie wenig die gesellschaftlichen Institutionen die Einwanderer repräsentierten.

Seither hat der deutsche Fußball eine enorme Entwicklung gemacht, die ihm, ganz nebenbei, auch aufm Platz zum Vorteil gereicht. Der Fußball ist fast schon normal, der Rest ist es nicht.

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Deniz Yücel
Kolumnist (ehem.)
Von Juli 2007 bis April 2015 bei der taz. Autor und Besonderer Redakteur für Aufgaben (Sonderprojekte, Seite Eins u.a.). Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2011. „Journalist des Jahres“ (Sonderpreis) 2014 mit „Hate Poetry“. Autor des Buches „Taksim ist überall“ (Edition Nautilus, 2014). Wechselte danach zur Tageszeitung Die Welt.
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15 Kommentare

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  • D
    denninger

    Lieber Deniz,

    Dir ist offenbar nicht bekannt, dass z.B. der Bundespräsident ein Sohn von Migranten ist.

    Und auch die Bundeskanzlerin hat mehr als die Hälfte ihres Lebens nicht in der BRD verbracht.

    Aber wenn Du schon so ein Namensfetischist bist, "Assmussen" ist kein deutscher, sondern ein skandinavischer Name, Lafontaine klingt ebenso wie Podolski oder Ramelow nicht gerade deutsch und auch mein Name weist auf Einwanderung hin. Nur offenbar sind "wir" alle in die Gemeinschaft und das öffentliche Leben integriert.

    Und was ist mit Cem Özdemir oder Tarek Al-Wazir?

    Ach so, ja, ich vertehe schon, der eine ist verschwabt und der andere "nur" ein halber nicht-Deutscher.

    Die zählen ja nicht bei deinem Body-Count (SCNR).

  • D
    DiversityAndEquality

    @Leser: OK, nach dieser diskriminierenden Logik erwarte ich ab sofort, dass auch alle Heterosexuellen im Fußball oder sonstwo im öffentlichen und gesellschaftlichen Leben ihre "sexuelle Präferenz" gefälligst verheimlichen und nicht "penetrant heraushängen", wie Sie es nennen. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten: Sexuelle Identität ist ein wesentlicher Teil der Persönlichkeit und des Lebens eines jeden Menschen, und es gibt nur einen einzigen Grund, warum schwule Männer nicht ebenso selbstverständlich ihre sexuelle Identität zeigen können sollen, wie Heterosexuelle das immer und überall an allen Orten und auf allen Kanälen tun (teilweise sogar in reichlich zwanghafter Weise, da stimme ich Ihnen sogar zu!):

     

    Der Grund sind homophobe Menschen wie Sie, die ein Problem damit haben, dass andere Menschen nicht Ihrem beschränkten Weltbild entsprechen. In einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft müssen aber alle Menschen aktiv vor Diskriminierung geschützt werden. Und solange gerade die Jugendsprache durchsetzt ist mit schwulenfeindlichen Beleidigungen, solange junge Homosexuelle einem viermal höheren Selbstmordrisiko ausgesetzt sind auf Grund der psychischen und teilweise rohen körperlichen Gewalt, die sie tagtäglich erfahren, gibt es sehr viel zu verändern in dieser unserer Gesellschaft. Und das gilt auch und gerade im Fußballsport, der eine große gesellschaftliche Signalwirkung hat und in dem schwule Profis sich auf Grund hochgradig gestörter und kranker gesellschaftlicher Umstände gezwungen sehen, ihre homosexuelle Identität zu verleugnen und sich nach außen mit Schein-Ehefrauen oder wie auch immer als Heterosexuelle darzustellen. Und hinter den Kulissen brauchen sie dann ständige psychologische Betreuung, um mit diesem Doppelleben irgendwie fertigzuwerden. Wenn so eine moderne, aufgeklärte und freie Gesellschaft aussehen soll, dann sage ich nur: Gute Nacht! Denn das ist nichts anderes als tiefstes und dunkelstes Mittelalter!

  • L
    Leser

    Wenn wir schon bei der Quote sind: Die Anzahl der biodeutschen in der Mannschaft entsprach aber ebenfalls nicht deren Angteil an der Bevölkerung. Sollen wir jetzt Özil und Khedira aus der Mannschaft werfen, damit die Quote wieder stimmt?

    Natürlich nicht! Aber die U21 zeigt auf sehr direkte Weise wie Integration gelingt. Nämlich Leistung bringen und sich in die Mannschaft integrieren. Wenn jeder nach seinen eigenen Regeln oder religiös-kulturellen Vorstellungen spielen würde, käme man nicht sehr weit.

    Und was Homosexuelle und Fussball betrifft: Warum glaubt man eigentlich, nur wenn man penetrant seine sexuellen Präferenzen raushängen kann herrscht Toleranz? Welche Rolle spielt es denn, welche Ausrichtung ein Torschütze hat? Soll es etwa Homo-Punkte geben? Für die Quote etwa?

  • M
    MMalik

    Hält die taz einen Schutzschirm über Herrn Yücel, indem sie laufend kritische Anmerkungen zu seinen Texten zensiert? Herr Yücel steht mit seinem Namen wohl für die Migrantenquote der taz und ist unkritisierbar?

  • M
    Mike

    Oh man, soviel Realitätsferne tut ja an den Augen weh. Was ist denn Ihr Vorschlag? Eine Quotierung,ohne Rücksicht auf Qualifikation? Und jetzt kommen Sie mir nicht damit, daß es genau da hapert. Tut es nämlich mitnichten. Menschen nichtdeutscher Herkunft können sich nämlich sehr gut weiterbilden, auch gegen irgendwelche Vorurteilen und Selbstentschuldigungen etc. Als Beispiel für wenig Zugang zum Bildungssystem und ungerechte Chancenverteilung wird sehr gerne die türkischstämmige Bevölkerungsgruppe herangezogen. Genau das aber ist ihr ganz eigenes Problem. Menschen mit ostasiatischen Hintergrund schneiden Durchschnittlich von allen Nichtdeutschen am besten ab, gehen auf Gymnasien, an die Universitäten etc. Was machen die anders? Vielleicht bemühen sie sich, vielleicht bekommen sie zu Hause gesagt, daß es so und so läuft und nur so oder so kann man etwas erreichen. Ich weiß es nicht. Also, Herr Yüksel, erst richtig Recherchieren, dann die TAZ bemühen.

  • R
    Ron

    Tja, so ist das wenn man eine wie auch immer gefärbte Brille aufhat. Die Realitäten werden nicht ausreichend beleuchtet. Was meinen SIe denn mit nicht so ausreichend vertreten, wie es die Demographie zulassen würde? Muß es im TV, also Nachrichten, Unterhaltung, Dokumentation etc. eine gewisse Quote geben, die den Anteil der Bevölkerung korrekt wiederspiegelt? Das wäre ja lachhaft. Wie es schon jemand vorher erkannt hat, es gibt eine Menge Menschen mit nichtdeutschen Wurzeln, die in Führungspositionen und im öffentlichen Bereich arbeiten. Vielleicht nicht nur an führender Position aber da auch und vielleicht gerade dort im genau dem Maße, wie es die Demographie hergibt. Widerlegen Sie das doch mal anhand von Fakten, also Zahlen!

  • N
    Nassauer

    Boateng, Özil und Khedira sind nicht straffällig geworden, sprechen deutsch und leben vom eigenen Geld. So lange wir für solche Selbstverständlichkeiten noch "Integrationsgipfel" brauchen, wird sich an den im Artikel geschilderten Zuständen auch nichts ändern...

  • S
    shikkl

    ...und das ist auch gut so!

  • TP
    The Perry

    Ja, weil sie eben gut sind, sich angestrengt haben, alle, egal woher ihre Eltern kommen! Ist halt nich überall so!

  • A
    Andrela

    Na dann mal los Herr Yücel, auf in die Politik, wie TAREK AL-WAZIR, Cem Özdemir, Vural Öger, die ja doch schon ganz beachtliche Positionen erreicht haben.

    Frauenquote ist sicher insgesamt genauso grosser Quatsch wie eine "Ausländer"-/ "Mitbürger mit Mirgrationshintergrund"-Quote in der Regierung.

    Ansonsten gibt es in vielen grossen unternehmen allerlei Führungskräfte, Vorstände, Aufsichtsräte: Je nachdem, wem der Laden gehört: Bei Volkswagen und/oder Porsche sicherlich demnächst auch ein Scheich aus Quatar sitzen wird. Hier in Frankreich hat tatsächlich Frau Dati und andere einiges erreicht: Nicht zuletzt Nicolas Paul Stéphane Sárközy de Nagybócsa, der es immerhin zum Präsidenten gebracht hat. Nur vorher stand ein erhebliches Mass an Arbeit und von seiner Seite aus gewollter Integration...

  • D
    DiversityAndEquality

    "Der Fußball ist fast schon normal"

     

    Wenn man es für normal hält, dass es im Profi-Fußball nicht einen einzigen offen schwulen Spieler gibt, obwohl diese - wie durch zahlreiche Hintergrundrecherchen belegt - sehr wohl zahlreich vorhanden sind, dann kann man sich mit Fragen der Diskriminierung in dieser Gesellschaft nicht besonders fundiert beschäftigt haben. Das finde ich sehr bedauerlich, denn eigentlich sollten alle Opfer von Ausgrenzung und Diskriminierung in dieser Gesellschaft gemeinsam gegen die nach wie vor inakzeptablen Zustände vorgehen. Jedenfalls trifft vieles von dem, was in obigem Artikel über die Lebenswirklichkeit von Menschen mit anderer Hautfarbe oder "mit Migrationshintergrund" gesagt wird, auch auf homosexuelle Menschen zu. Mit dem bedeutenden Unterschied, dass diese bislang noch nicht einmal im Fußball mit seiner gerade für junge Menschen so wichtigen Signalwirkung offen das sein können, was sie sind!

  • MB
    Michael Bilharz

    Sehr geehrte®Frau/Herr Yücel,

     

    können Sie Ihren Kommentar bitte noch mit dem Hinweis ergänzen, was Sie damit aussagen möchten?

     

    Vielen Dank.

  • A
    andrej

    Aha. So weit, so un-wahr. In Niedersachsen ist z.B. ein gewisser Philipp Rösler stellvertretender Ministerpräsident, und das ist die absolut normalste Sache der Welt - und so soll es ja auch sein.

    Aber wenn der sich als z.B. als Wirtschaftsredakteur bei der TAZ bewerben würde, da wär ich gespannt, ob der da auch genommen würde - oder ob es dann hiesse, Multi-Kulti ist ja super, aber doch bitte etwas weiter links?

  • B
    bogo

    müßig über sowas nachzudenken. die demografen rechnen uns schließlich vor, wie es laufen wird. im ca. 35 jahren sind mehr als 50% der bevölkerung

    muslime. die haben natürlich längst eine eigene partei die sich sicher auf die stimmen aller muslime verlassen kann. spätestens 12-16 jahre weiter wird in deutschland, wenn es dann noch so heißt, die scharia gelten, für alle.

     

    dann ist es vorbei mit multikulti und toleranz. schönen abend, bogo

  • E
    Echtbio

    Sorry, aber die Verwendung des Özdemir'schen Geschöpfs 'biodeutsch' widert mich an. Ist das nicht rassistisch? Wie wärs anders rum mit 'fremddeutsch' oder 'nixbio-stämmig'? Das ist aber dann bestimmt rassistisch? Vermutlich wärs am besten, jeder hier geborene 'Biodeutsche' würde sich gefälligst dafür entschuldigen. Und jetzt, taz, zensier.