Kommentar Fukushima: Zeitnot für die Atombranche
Ob Tepco nun verstaatlicht wird oder nicht, ist egal. Der Atombranche in der westlichen Welt läuft die Zeit davon. Denn die regenerativen Energien werden immer billiger.
T epco, der japanische Stromriese, wird vielleicht verstaatlicht. Tepco ist der Konzern mit den havarierten Reaktoren von Fukushima. Der Name dieser Hauptstadt einer Präfektur bleibt zum Leidwesen der Atomwirtschaft in Japan und anderswo prominent im Gedächtnis der weltweiten Mediengesellschaft. Ständig gibt es neue Nachrichten, die ein eigentlich geplantes "Weiter so" beim AKW-Business verhindern.
Ob Tepco nun verstaatlicht wird oder nicht, ist dabei nur noch am Rande von Interesse. Die Aktie ist eh nicht mehr viel wert. Und der Staat muss den monopolartigen Versorger von mehr als einem Drittel der japanischen Bevölkerung auf jeden Fall mittels ständig neuer Milliardenhilfen am Leben halten - allein schon für die jahrzehntelangen Aufräumarbeiten.
Wichtiger als Tepcos Zukunft ist die Frage: Hat nun Japan oder die Welt etwas aus Fukushima gelernt? Die Atomindustrie versucht weiterzumachen wie bisher. Ein paar Stresstests hier und da, die Hoffnung auf die energiehungrigen Boomländer Asiens sowie die Ölscheichs, die auch Atomanlagen wollen, wenn schon Israel oder Iran welche haben. Stolz vermelden die Atomfreunde Dutzende AKW-Neubauten weltweit, bei gut 400 bestehenden Reaktoren.
ist stellvertretender Chefredakteur der taz.
Trotzdem sieht es schlecht aus für die Branche. Denn die Finanzierung der viele Milliarden teuren Bauwerke wird derzeit spitz durchgerechnet. Ohne staatliche Garantien und billiges Geld ging schon bisher kaum etwas auf dem AKW-Markt. Nun kommt noch ein Fukushima-Risikoaufschlag.
Da läuft der Atombranche in der westlichen Welt die Zeit davon. Denn die regenerativen Energien werden immer billiger, die Kohle war es schon immer. So kommt die Branche von zwei Seiten unter Druck. Dank Fukushima.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“