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Kommentar Freie DemokratenNach Westerwelle

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Der FDP sind die Ziele ausgegangen. Selbst ihrer eigenen Klientel hat sie nichts mehr anzubieten. Mit Philipp Rösler setzen die Freidemokraten erst einmal auf Unauffälligkeit.

D ie FDP ist mehr als andere eine Partei handfester Interessenvertretung. Werte, etwa die Verteidigung der Freiheit des Einzelnen, gehören auch zum Standardprogramm. Aber sie sind, vor allem seit der linksliberale Flügel gestutzt wurde, nicht so wichtig.

Deshalb ist der Absturz der Liberalen einer ohne Gummimatte. Die FDP hat Steuersenkungen versprochen, hat aber, außer ans Hotelgewerbe, nichts geliefert.

So etwas nimmt man unter Geschäftsleuten krumm. Das ist der Kern der FDP-Krise. Sie ist eine Klientelpartei, die an der Regierung ihrer Klientel nichts bieten konnte. Und es gibt keine wärmende Erzählung, die dieses Versagen dämpft.

Wie verhuscht die Liberalen derzeit sind, kann man an der aktuellen Steuerdebatte ablesen. Finanzminister Schäuble rechnet mit 135 Milliarden Euro mehr, die CSU will Besserverdienende entlasten. Die FDP sagt - nichts.

Bild: taz

Stefan Reinecke ist Redakteur im Berliner Parlamentsbüro der taz.

Nach zehn Jahren Westerwelle ist die FDP eine Partei ohne Erzählung, eine Organisation auf der Suche nach einem Sinn. Wohin jetzt? Eine rechtspopulistische Wende ist, zumal als Regierungspartei, kaum möglich.

Es gibt zwar im Bürgertum einen Resonanzboden für EU-Skepsis und Islam-Bashing. Aber dieses Wendemanöver würde das FDP-Boot derzeit zum Kentern bringen.

So tut die FDP, was möglich ist. Irgendwie regieren. Sie wird bei der Energiewende auf die Bremse treten, aber sinnstiftend ist das auch nicht.

Für diesen vagen Kurs ist Philipp Rösler genau der Richtige. Habituell ist er das Gegenteil von Westerwelle: leise, nicht laut, moderat, nicht polarisierend. Mit Rösler setzt die FDP auf Unauffälligkeit. Mehr ist für die FDP nicht drin.

Was wird aus Westerwelle? Bei seinem Abschied kündigt er großherzig an, Rösler nicht ins Lenkrad zu greifen. Wahrscheinlicher ist, dass Westerwelle bald nicht mehr im Auto sitzen wird. Was soll die FDP 2013 mit einem Außenminister, der das Scheitern der Partei symbolisiert?

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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2 Kommentare

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  • HK
    Hans-Peter Krebs

    Was kritisiert genau der Vorwurf einer "Klientelpartei"?

    Die weit verbreitete pejorative Verwendung des Vorwurfs des Klientelismus gegenüber regierenden Parteien gehört zum oppositionellen Geschäft, meint man. Eine darunterliegende Diagnostik mit hinreichendem Allgemeinheitsgrad findet sich dagegen nicht so leicht, auch in der taz nicht. Das könnte an der Vielfalt der dort vertretenen Positionen liegen. Die Art und Weise der Diagnostik hat allerdings weitreichende Folgen für die Schlussfolgerungen, die sich daraus ziehen lassen. Wenn z.B. für Reinecke der Kern der Krise der FDP seit ihrer Regierungsbeteiligung ist, dass sie ihrer Klientel nichts bieten konnte, so müsste man umgekehrt schlussfolgern, dass bei einer erfolgreichen Bedienung eigener Klientel im Kern alles okay ist. Doch ist dem wirklich so? In ziemlicher Analogie zu diesem Topos wird in der taz unterschwellig, aber in letzter Zeit verstärkt ein green-bashing Mode, das ähnliche Verlaufsformen durchmacht. Zunächst wird grüne Politik stark auf Anti-Atompolitik verengt (Pohl), danach werden Verbreitungsoptionen gesucht, deren Scheitern dann nur eine Frage der Zeit ist (Michel, Klingelschmitt). Arend und Michel zählen ganz im Stil des radical chic auf, wie bürgerlich sich in grünen Kreisen aufgeführt wird. Darin lassen sich linksradikale Affekte erkennen, deren Kinderkrankheiten ich mir nicht zurückwünsche. Sicher stellt die Regierungsverantwortung für grüne Politik eine Herausforderung dar, aber unter einer (sicherlich notwendigen) konstruktiven Kritik verstehe ich etwas anderes. Ob die Grünen dieser Aufgabe gerecht werden, ist keineswegs entschieden. Ich dachte immer, dass das Markenzeichen von linker Politik das Universelle ist, also der Charakter, dem Gemeinwohl zu dienen. Erst nach dieser Abstraktionsstufe wird deutlich, was die Kritik des Klientelismus bedeutet: nämlich sich für das Partikulare und gegen das Gemeinwohl einzusetzen. Dementsprechend wurde auch aus der partikularen Hoteliersbegünstigung "nur" die falsche Klientel, die durch eine "richtige" ersetzt werden müsse - wie viele Linke meinen, umverteilungspolitisch sozusagen. Klientelismus wird dadurch überwunden, dass eine bestimmte Politik auch für jene Zustimmung findet, die gerade nicht unmittelbar davon profitieren, also ein gewisses Maß an Universalität erreicht.

  • H
    Hans-Martin

    Und nicht zu vergessen, die FDP als Banken-Partei und nur der Wahlkampf-Steuersenkungen, hat mit der CDU die exorbitanten Milliardengeschenke ans Ausland beschlossen, und das mit einem eigenen Schuldenberg von fast 2 Billionen Euro!!!!! Und der Damm ist gebrochen, das Fass ohne Boden eröffnet, die Milliardengeschenke fliessen weiter! Diese Partei verschwindet auf der Müllhalde der Geschichte als Zerstörer von Sozialsystem und Land auf allen Ebenen!