Kommentar Frankfurter Fluglärmprotest: Einbinden statt aussperren
Anwohner des Frankfurter Flughafens protestieren gegen Lärm und Nachtflüge. Bürger müssen bei Infrastrukturprojekten endlich von Anfang an miteinbezogen werden.
L etzte Hoffnung Bundesverwaltungsgericht – so fühlen sich derzeit viele Anwohner des Frankfurter Flughafens, die durch Starts und Landungen auf der neuen Nordwestbahn ohrenbetäubendem Lärm ausgesetzt sind. Jetzt haben sie vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof ein vorläufiges Nachtflugverbot durchgesetzt.
Empörend bleibt dabei, dass überhaupt ein Gericht einschreiten musste – denn die Flugpause war eigentlich bereits im Mediationsverfahren beschlossen worden. Doch davon wollte die hessische Landesregierung letztlich nichts mehr wissen.
Das zeigt: Selbst eine gut gemeinte Mediation zwischen Staat und Bürgern nützt nichts, wenn sich der Staat dann nicht daran hält. Und: Das Verfahren der Bürgerbeteiligung bei Infrastrukturprojekten muss dringend reformiert werden. Bislang ist es nämlich so, dass die Betroffenen erst dann bei neuen Straßen, Schienen, Flughäfen und Stromleitungen mitreden dürfen, wenn die Pläne dafür schon fertig sind. Also: zu spät. Und zudem heißt mitreden noch lange nicht mitentscheiden dürfen.
RICHARD ROTHER ist Wirtschaftsredakteur der taz.
Wenn in Zukunft langwierige Auseinandersetzungen auf der Straße und vor Gericht vermieden werden sollen, dann müssen die Bürger von Anfang voll in Projektierung, Planung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten einbezogen werden. Dabei muss zuallererst transparent geklärt werden, ob das entsprechende Vorhaben überhaupt nötig ist. Alternativen müssen ergebnisoffen geprüft werden. Und über die müssen die Betroffenen dann verbindlich entscheiden dürfen, bevor gebaut wird.
Bei einem solchen Vorgehen dürften übrigens Proteste wie die an der Frankfurter Nordwestbahn ausbleiben. Infrastrukturprojekte mit Bürgerbeteiligung wären also letztlich schneller, kostengünstiger und berechenbarer als das bisherige System.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten