Demonstration in Mainz: Fluglärm treibt Wutbürger auf die Straße
Rheinland-Pfälzer und Hessen kämpfen in Mainz gegen die neuen An- und Abflugrouten des Frankfurter Rhein-Main-Airports. Und für ein Nachtflugverbot.
MAINZ taz | Damit hatten selbst die optimistischsten Organisatoren der Antifluglärmdemo "Stille Nacht" am Samstag in Mainz nicht gerechnet: Dass rund 15.000 "friedliche Wutbürger", so die Diktion einer schon älteren Demonstrantin, ihrem Aufruf zum Protest am Tag nach der Eröffnung der neuen Landebahn Nordwest am Frankfurter Flughafen folgen würden.
Von einem "starken Signal" für die Einhaltung eines striktes Nachtflugverbots, über dessen Gültigkeit noch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu entscheiden hat, und für eine umgehende Änderung der neuen An- und Abflugrouten sprachen am Rande der Demo denn auch wortgleich der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Daniel Köbler, und die Partei- und Landtagsfraktionschefin der CDU, Julia Klöckner. Auf der Abschlusskundgebung allerdings hatten PolitikerInnen dann striktes Redeverbot.
Dafür zitierte dort etwa der Mainzer Kardiologe Thomas Münzel den Nobelpreisträger Robert Koch, der schon vor 100 Jahren gesagt habe, dass Lärm "die Geißel der Menschheit" sei. Münzel prophezeite die Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch in Rheinland-Pfalz, falls es bei den jetzt neu gültigen Flugrouten bleibe und das Nachtflugverbot demnächst wieder falle.
Doch der engagierte Herzspezialist machte den Fluglärmbetroffenen in der Region auch Mut: "Wir haben die Pest besiegt, wir haben die Cholera besiegt - und wir werden auch den Fluglärm besiegen."
Zur Demo aufgerufen hatte auch die rot-grüne Landesregierung von Rheinland-Pfalz, die den vier rheinhessischen Gemeinden, die gegen die Änderung der Flugrouten klagen wollen, zudem finanzielle Unterstützung zugesagte.
Aus der jetzt plötzlich von Fluglärm besonders betroffenen idyllischen Weinregion waren überraschend viele Menschen zum Protest nach Mainz gekommen. Ein paar davon hätte man gerne schon vor der Inbetriebnahme der Landebahn auf Protestaktionen begrüßt - etwa im Zeltdorf auf der Trasse -, monierte denn auch ein Sprecher der Bürgerinitiativen.
Leser*innenkommentare
Ralf Baumgarten
Gast
Schwacher Bericht. Liest sich, als ob da jemand den Hessenschau-Bericht abgetippt hätte. Und die Krönung ist wieder mal der "Wutbürger". Damit hebt sich die TAZ leider mal wieder auf das Niveau von BILD.
sigibold
Gast
Es vergeht fast kein Tag indem nicht auch in der TAZ das Unwort Wutbürger auftaucht. Könnt ihr das vielleicht abstellen? Ich empfinde es als bewusste Diskriminierung von Menschen die ein Anliegen haben und sich engagieren. Oder seid konsequent und schreibt doch gleich Tollwutbürger. Das soll es doch ausdrücken oder?
Die TAZ sollte sich nicht gemein machen mit der Blödjournaille.
sigibold
emil
Gast
das problem ist doch halbwegs handgemacht, wer will denn immer hier und dorthin fliegen weil es wenig kostet und die ferne ruft?
das hat seinen preis, denn über irgendwas drüber werden die flieger wohl müssen.
wäre gespannt, wie die menge zusammenschrumpft, wenn diejenigen, die privat fliegen wieder nach hause gehen...
Mutbürger
Gast
Wieso benutzt auch die TAZ diesen völlig sinnbefreiten Ausdruck "Wutbürger"? Menschen die sich für wichtige Dinge einsätzen sind engagierte Bürger die unsere Zivilgesellschaft ausmachen. Wenn schon dann "Mutbürger"!
Die Bibel
Gast
Seit der Bibel wurde allerdings nicht mehr solch ein Unsinn geschrieben. Das gilt für das Buch und den vorstehenden Beitrag.
Carl Classen
Gast
Warum verwendet nun auch die TAZ das Unwort "Wutbürger"? Jene durch das konservative Lager zum Wort des Jahres erhobene Vokabel, mit der Bürgerbewegungen in den Status trotziger Kinder gesetzt werden? Die im Zweifel "immer gegen alles" sind? Die womöglich selbstironische Äußerung einer Demonstrantin begründet weder die Überschrift noch die Zitation außer Zusammenhang.
Bitte seid sorgsamer mit der Sprache und deren Manipulation. Für's Erste, stellt das "W" auf die Füße. Und schreibt ein wenig mehr über "Mutbürger". Davon wird es nie zuviele geben!
Barbara Laddey
Gast
@Lars: Das Buch kenne ich (noch) nicht, werde es mir aber anschauen. Weil ich nicht weiß, ob Sie sich beim Thema Fluglärm in Rhein-Main gut auskennen, kurz die Hintergründe: Wir z. B. wohnen 40 km vom Flughafen Frankfurt entfernt. Dennoch müssen wir damit leben, dass eben jetzt, 23.10., 21 Uhr, alle 40 sek ein Flieger über unser Haus donnert, und zwar in einer Höhe von 1150 m (auf Flightradar24.com kann man das sogar anschauen). In anderen Orten ist es noch schlimmer, weil die Flieger noch viel niedriger sind. Wir sind z. Zt. ca. 90 Tage im Jahr betroffen, wenn eben Ostwind ist, andere fast immer. Die Fluglärmkritiker sind NICHT gegen den Flughafen per se, wollen aber, dass dieser Airport deutlich weniger Lärm verursacht. Technisch ist das möglich.
Wir finden, wir haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, und dafür gehen wir auf die Straße, weil dieses Recht in diesem Staat momentan leider nicht berücksichtigt wird. Gern können wir weiter diskutieren - ein Gruß aus Mainz.
Fluglaermneindanke
Gast
@von Lars
Sich informieren statt dummes Zeug zu schreiben, wäre nicht schlecht. Es geht bei der Demo um die Einhaltung des Mediationsvertrags, der besagt: Neue Landebahn nur mit Nachtflugverbot von 23 - 5 Uhr. Und was macht die hess. Landesregierung? Sie klagt gegen ihre eigene Zusage. Das nennt man Demokratie!
Sie sind außerdem garantiert nicht persönlich betroffen und können von daher nicht mitreden. Betroffensein heißt: mitten in der Nacht oder spätestens morgens um 5 Uhr aus dem Schlaf zu schrecken, weil ein Flieger übers Dach geflogen ist und nicht mehr schlafenkönnen. Und das werktags, sonntags, an Weihnachten, Ostern etc. etc. Und das nicht in unmittelbarer Nähe vom Flughafen, sondern 30 km entfernt!!Das ist Folter. Und es geht nicht um irgendein Dorf, wo ich wohne, sondern um eine Stadt mit über 200 000 Einwohnern, Mainz. Und wir sind nicht die Einzigsten. Deshalb protestieren wir. Das ist unser gutes REcht!!
Helmut Fuchs
Gast
In Bezug auf Lars' Kommentar:
Herbert Matzigs Buch kann man gerne lesen - um dann festzustellen, dass wesentliche Fragen gar nicht gestellt werden. Wobei ich fürchte, dass die Zielgruppe des Buches das gar nicht merken wird, weil sie sich selbst so bestätigt sieht in ihrem "gegen das dagegen sein".
"Witzig und beruhigend ehrlich" fand ich das alles gerade nicht.
Die Frage, ob dort, wo Fortschritt drauf steht, auch Fortschritt drin ist, scheint man jedenfalls als SZ-Wirtschaftsliberaler nicht stellen zu dürfen. Dafür darf man sich hemmungslos der Polemik bedienen, die man am "Wurbürger" schmäht.
Und vieles von dem was Matzig als bloßes Dagegensein etikettiert, ist bei näherer Betrachtung die Forderung nach anderen und vor allem besseren Lösungen, nach Projekten die die gemachten Versprechungen auch tatsächlich erfüllen können, anstatt sie nur zu behaupten.
Peter S.
Gast
Mir stellt sich die Frage, welche von diesen Herrschaften noch nicht diesen Flughafen genutzt hat.
Lars
Gast
Hier sei Herbert Matzigs (SZ), gerade erschienenes Buch " „Einfach nur dagegen. Wie wir unseren Kindern die Zukunft verbauen“, empfohlen. Eine Abrechnung mit den Wutbürgern und ewig Empörten. Witzig und vor allem beruhigend ehrlich.