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Kommentar FlughafengebührUnmoralisches Angebot der Industrie

Kommentar von Stephan Kosch

Die Politik muss den Luftverkehr umweltfreundlicher gestalten. Bei der aktuellen Offerte spielt das klimaschädigenden Kohlendioxid jedoch keine Rolle.

Stephan Kosch ist stellvertretender Ressortleiter des Wirtschaftsressorts der taz.

Die Gebühren auf den beiden größten deutschen Flughäfen erhalten eine Umweltkomponente. Für alte Flugzeuge, die besonders viel Stickoxid über Frankfurt und München verteilen, wird Starten und Landen teurer. Das ist gut, denn Stickoxid reizt und schädigt die Atemorgane und verursacht Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Smog. Je weniger davon rund um die Flughäfen in der Luft ist, umso besser.

Doch die vermeintliche Umweltoffensive der deutschen Luftfahrtbranche hat einen Haken: Das klimaschädigende Kohlendioxid spielt keine Rolle. Vielmehr will die Industrie sogar, dass politische Instrumente zur Senkung des CO2-Ausstoßes nicht mehr verfolgt werden. Im Gegenzug zu den veränderten Landegebühren sollen weder die Ticketabgaben für die Entwicklungshilfe eingeführt noch Mehrwertsteuer auf Flugbenzin erhoben werden. Auch die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel, den die Branche wohl nicht mehr aufhalten kann, soll "vernünftig" ausgestaltet werden. Heißt im Klartext: Er soll die Airlines und Flughafenbetreiber möglichst wenig kosten.

Und so wird plötzlich aus einer begrüßenswerten Initiative ein politisches Druckmittel. Denn schließlich ist das ganze Projekt zunächst auf eine dreijährige Versuchsphase angelegt. Sollte die Politik tatsächlich schärfere Regularien vereinbaren, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen, lassen sich bestimmt Gründe finden, die Landegebühren wieder zu verändern.

Die verantwortlichen Politiker in Brüssel und Berlin sollten sich dennoch diese Instrumente nicht aus der Hand nehmen lassen. Gewiss müssen Ticketabgabe oder Emissionshandel so ausgestaltet werden, dass nicht nur die deutschen oder europäischen Airlines ihren Beitrag leisten. Doch das ist bei einer so global agierenden Industrie eine ebenso wirtschafts- wie umweltpolitische Binsenweisheit. Genau wie die Tatsache, dass nahezu jede ökologisch sinnvolle Maßnahme bislang gegen den Widerstand der Industrie durchgesetzt werden musste. Wenn die Branche so viel in umweltfreundlichere Flugzeuge investiert, wie sie immer verkündet, muss sie sich davor eigentlich nicht fürchten. STEPHAN KOSCH

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