Kommentar Finanzkrise: In Obamas Hand
Weg von der Schuldenökonomie, hin zu einem nachhaltigeren Wirtschaften: Obama muss die Bekämpfung der Finanzkrise in eine längerfristige Strategie einbetten.
Beate Willms ist Redakteurin im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.
An den Börsen hielt die Begeisterung über Barack Obamas Wahlsieg nicht mal einen Tag. Zu groß sind die Zweifel, ob der neue Präsident der USA den Riesenberg von wirtschaftlichen Problemen tatsächlich abtragen kann. Schließlich ist es mit Maßnahmen gegen die Finanzkrise allein nicht getan: Es gibt auch noch die Immobilien- und eine Kreditkartenkrise sowie die Schuldenkrise der privaten Haushalte - die drohende Rezession nicht zu vergessen. Kann hier überhaupt jemand etwas tun?
Yes, Obama can: Wenn er die soziale Komponente nicht vernachlässigt; und wenn er seine Maßnahmen in eine längerfristige Strategie einbettet. Ziel: weg von der Schuldenökonomie, hin zu einem nachhaltigeren Wirtschaften. Dazu gehört als Erstes ein Programm für die verschuldeten Hausbesitzer. Und auch die anderen Folgen der Krisen müssen abgefedert werden: mit Unterstützungsleistungen für die Bundesstaaten und für die Kommunen, mit Arbeitslosenversicherungen und Beschäftigungsprogrammen. Zugleich muss ein erneutes Konjunkturpaket her - aber eins, das nicht schon die Forderung nach einem weiteren in sich trägt, weil es zu spät kommt und zu kurz greift. Also keine Barschecks und Steuergeschenke.
Man muss schließlich nur die Augen aufmachen: Weite Teile der US-Infrastruktur sind marode - und was könnte die amerikanische Wirtschaft besser stärken und der Welt die eigene Kompetenz beweisen, als sinnvolle Verkehrswege auszubauen, neue Bildungsinitiativen zu starten, das Gesundheitssystem zu reformieren und sich endlich den Herausforderungen des Klimawandels zu stellen?
Wer das zahlen soll? Wo doch die USA ein gigantisches Minus im Staatshaushalt und ein ungeheures Leistungsbilanzdefizit haben? Nun, die USA stehen noch immer im Mittelpunkt des Weltfinanzsystems mit dem US-Dollar als weiterhin gültiger Leitwährung. Wenn die USA das Vertrauen der Welt wieder gewinnen - durch eine stabilisierte Wirtschaft, durch eine Rückkehr zu multilateralen Entscheidungsprozessen -, wird das Geld weiter ins Land fließen. Es liegt in Obamas Hand.
BEATE WILLMS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!