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Kommentar Finanzhilfen für PalästinenserPlacebo ohne Effekt

Kommentar von Susanne Knaul

Die Welt ist in Geberlaune für Palästina. Doch Korruption, Reisesperren und innerpalästinensische Gewalt dürften die Effektivität der Finanzhilfen begrenzen.

D ie Nationen der Welt, die in diesen Tagen großzügig in die Taschen greifen, um den Palästinensern zu helfen, machen es sich zu leicht. Denn sie ignorieren drei grundlegende Probleme, die verhindern, dass ihre finanzielle Hilfsbereitschaft zu einer echten Lösung des Konflikts beiträgt.

Bild: taz

Susanne Knaul ist Nahost-Korrespondentin der taz.

Da ist erstens die Korruption, die die Fatah schon bei den Wahlen 2006 scheitern ließ. Sie gehört noch immer nicht der Vergangenheit an. Der Wahlsieg der Hamas hat keine Reformen befördert, im Gegenteil. Denn um die Extremisten am Zugriff zu hindern, wurden die internationalen Gelder statt in den öffentlichen Haushalt wieder auf das Konto des Palästinenserpräsidenten geleitet. Das Parlament existiert nicht mehr als Kontrollinstanz - ebenso wenig die frühere Praxis, die Verwendung der Gelder transparent zu machen. Gerade um den Palästinenserpräsidenten innenpolitisch zu stärken, sollten die Geberstaaten auf eine palästinensische öffentliche Kontrollkommission beharren.

Zweitens sind da die Reisesperren. Die israelischen Trennanlagen hindern hunderttausende Palästinenser daran, ihrem Beruf nachzugehen. Die Hotels in Bethlehem bleiben selbst über Weihnachten leer, die Restaurants und das Casino in Jericho, das in guten Zeiten jede Woche mehrere Millionen US-Dollar umsetzte, sind vom Abriss bedroht, Felder liegen brach. Keine Finanzspritze könnte die Misere so nachhaltig verändern, wie eine Öffnung der Grenzen und die Verlegung der Trennanlagen dorthin, wo sie hingehören: entlang der Waffenstillstandslinie von 1967. Für beides Voraussetzung wären allerdings effektive Maßnahmen der palästinensischen Sicherheitsdienste gegen die auch im Westjordanland noch immer aktiven Terrorgruppen.

Drittens bleibt die Situation im Gazastreifen ein offenes Problem. Der fortgesetzte Boykott der Hamas und eine Aufbauhilfe, die im Grunde nur das Westjordanland meint, vertiefen die politischen wie ökonomischen Gräben zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen. Doch solange die Palästinenser unter sich zerstritten sind, hat auch der Frieden keine Chance.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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3 Kommentare

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  • KT
    Klaus Treßer

    Es ist ein Eklat, dass die Autorin, Frau Knaul, soweit in der taz gehen darf zu behaupten, Israel sei nicht einmal in der Lage die völkerrechtswidrige Grenzanlage in Übereinstimmung mit der von der UNO geforderten Grünen Linie zu korrigieren, ohne das der palästinänsiche Sicherheitsdienst up to date ist und die palästinänsichen Militanten aufgeben. D.h., Frau Knaul rechtfertigt somit den Beibehalt der illegalen auf Landraub basierenden Apartheidsanlage. Liebe TAZler bitte lest doch noch einmal diesen Artikel von Frau Knaul in aller Ruhe durch, um euch bewußt zu machen, dass Frau Knaul eine knallharte proisraelische Streiterin ist, die nicht einmal mehr UNO-Positionen zu dem hiesigen Großkonflikt respektiert.

  • L
    Ludwig

    Hallo. Alles schön und gut in dieser Aufzählung. Allerdings vergisst Frau Knaul in ihrem Artikel etwas, das in diesem Zusammenhang regelmäßig nicht gerne erwähnt wird. Es wird zwar von palästinensischer Regierung, von palästinensischem Zwist und von Korruption usw gesprochen. Als vierten Punkt bleibt allerdings hinzuzufügen, dass Palästina und seine Menschen, egal ob im Westjordan-Land oder im Gaza-Streifen, unter einem brutalen, völkerrechtswidrigen Besatzungs- und Unterdrückungsregime durch Israel leiden. Landnahme durch die Besatzungsmacht unter Hinweis auf die Zeit vor 2000 Jahre (man stelle sich solch Argumentation in Bezug auf Europa vor), die völlige Zerstückelung des Gebietes, kaum Bewegungsmöglichkeiten für die Menschen in "ihrem" Land, Bewegungskontrollen an Checkpoints, illegale Tötungen durch Israel, den geringen Wert den palästinensische Leben generell für die Besatzungsmacht zu haben scheinen...Israel hat bisher meiner Ansicht nach keinerlei Interesse an einer palästinensischen Infrastruktur gezeigt. Wie oft wurde z.B der Flughafen von Gaza-Stadt mit EU-Geldern wiederaufgebaut, nachdem er durch israelische Bomben zerstört wurde? Zerstörung der landwirtschaftlichen Infrastruktur ...Und alles,das in Palästina geschieht, geschieht unter diesen Vorzeichen und nicht unter einer unabhängig und eigenständig agierenden palästinensischen "Regierung", wie uns die Medien und westlichen Politiker vorgaukeln. Mich erinnert dies an die US-amerikanische Vorgehensweise gegen die Indianer und die Reservatspolitik. Die Lösung? Steht schon lange im Raum, wenn der politische Wille Israels und des Westens da wäre: Staat in den Grenzen von 1967 gegen Frieden und Anerkennung Israels. Und sogar die vielgescholtene, eigentlich ja -man staune- gewählte Hamas stimmte dem während ihrer kurzen Regierungszeit zu. Bis sie nicht mehr regieren durfte, weil der Westen sie erst zur Wahlteilnahme drängte, er allerdings mit dem Ergebnis Probleme hatte und sie flugs zur Terrororganisation erklärte. Es ist im Westen nicht opportun, Israel zu kritisieren. Das Verhalten Israels in den Palästinenser-Gebieten ist Politik. Politik allerdings muss kritisierbar sein dürfen, ohne dass Antisemitismus-Keulen geschwungen werden. Das hat auch nichts mit mangelnder Solidarität mit den israelischen Menschen zu tun. Israels Politik allerdings verdient keine Solidarität. Und sollte auch real bezeichnet werden, sonst sind diese Milliarden an Geldern hinausgeschmissen, wie so viele zuvor. Ach ja, wie viel von diesem Geld ist eigentlich für den Aufbau einer "Inner-Palästinensischen" Sicherheitstruppe vorgesehen? Und den Menschen nützen diese Milliarden unter diesen Umständen nichts. Nicht den Palästinensern und nicht den Israelis.

  • WS
    wolfgang stein

    Hilfe für den Gaza ist dringend nötig, aber bitte

    erst, wenn der Boykott ein Ausmaß erreicht hat und

    der Kessel platzt.Hilfe bitte dann, wenn sie völlig

    am Boden liegen.