Kommentar FDP: Fast schon Demut
Parteichef Westerwelle wurde in den FDP nie geliebt, nur wegen seiner Erfolge geachtet. Nach der Niederlage in NRW muss er nun Macht abgeben - aber an wen bloß?
Von einem "Warnschuss" sprach Guido Westerwelle bereits am Abend der NRW-Wahlniederlage. Der FDP-Chef hofft, dass ihm bislang fremde Gesten der Demut helfen werden, die erste große Niederlage seiner Partei seit Jahren zu überstehen. Doch der Sturz in die Opposition in Düsseldorf und der Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat wühlen die FDP auf. Will man weiter zur Partei eines irrlichternden Populismus verkommen? Befreit man sich vom Ruch der Ein-Themen-Partei?
Die Liberalen sind zutiefst verunsichert. Ihre Strategie, mit dem Thema Steuersenkungen Wähler einzusammeln, ist spätestens seit Merkels Machtwort am Montag gescheitert. Westerwelle, stets nur geachtet wegen seiner Erfolge, nie geliebt, ist der Hauptverantwortliche für das schlechte FDP-Abschneiden. Um diesen Unmut politisch zu überleben, wird er Macht abgeben müssen. Doch an wen und zu welchem Zweck? Die Gefahr besteht, dass Parteigrößen nun eilig weitere populistische Kampagnen à la "spätrömische Dekadenz" anzetteln werden.
Matthias Lohre ist Parlamentsredakteur der taz.
Einen ersten Hinweis dafür lieferte Sylvana Koch-Mehrin. Die nicht gerade für inhaltliche Arbeit bekannte FDP-Chefin im EU-Parlament forderte jüngst ein europaweites Burka-Verbot. Damit verstörte sie selbst ihre fachlich bewanderteren Parteifreunde.
So weit muss es nicht kommen. Anfangs zaghaft, nun vernehmlicher rufen FDPler nach mehr Gesichtern und Themen für ihre Partei. Die Planungen für eine Zeit nach Westerwelle laufen an.
Doch ein echter Kurswechsel scheint schwer möglich. Dazu fehlt der Partei eine ganze Politikergeneration, die glaubhaft für Bürgerrechte, Bildungsgerechtigkeit oder gar Umweltschutz streiten könnte. Westerwelle mag geschwächt sein, doch sein politisches Erbe wird noch lange fortwirken.
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