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Kommentar FDPDie Macht der Schwächsten

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Für die FDP werden Eurobonds zur Grundsatzfrage. Das ist nur bedingt rational, könnte sich aber politisch als sehr erfolgreich erweisen.

E s gibt einen einfachen Grund dafür, dass Kanzlerin Merkel die Debatte über Eurobonds mit aller Macht beenden will. Sie ist brandgefährlich für die Koalition, denn an ihr könnte Schwarz-Gelb zerbrechen.

Merkels eigene Partei ist dabei nicht ihr Problem. Der Pragmatismus der Union ist berühmt, sie hat Erfahrung damit, abweichende Positionen zu integrieren. Falls die Macht des Faktischen gemeinsame Staatsanleihen der EU-Ländern erzwingen sollte, würde sie diese mittragen.

Entsprechend ändern führende CDU-Politiker derzeit schon mal ihre Rhetorik und lassen bewusst offen, ob sie das ungeliebte Instrument nicht doch irgendwann anwenden müssen. Merkels Problem ist die FDP.

Ulrich Schulte

leitet das Parlamentsbüro der taz.

Mit seinem kategorischen Nein stilisiert Parteichef Rösler Eurobonds zur Grundsatzfrage. Dies ist nur bedingt rational. Eurobonds sind nicht gleich Eurobonds, auch einem marktliberalen Ordnungspolitiker dürfte nicht entgangen sein, dass sich Eurobonds durchaus mit einem harten Schuldenregiment verbinden lassen.

Doch eine neue Kehrtwende wäre eine zu viel für die hochnervösen Freidemokraten, die verzweifelt nach ihrer Linie suchen. Zumal sie bei Neuwahlen sogar darauf hoffen könnten, von der Europaskepsis zu profitieren, die viele BürgerInnen angesichts der Schuldenkrise empfinden.

Die Kanzlerin wird sich also nicht nur wegen inhaltlicher Bedenken bis zuletzt gegen Eurobonds sperren. Sondern auch deshalb, weil sie dann das Ende ihrer Kanzlerschaft riskieren würde. Während man bei Entscheidungen wie dem Atomausstieg das Gefühl bekommen konnte, es sei mehr oder weniger egal, was die Regierungspartei FDP will, ist es nun umgekehrt. Die schwächste Regierungspartei ist gerade sehr mächtig.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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2 Kommentare

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  • F
    FRITZ

    "auch einem marktliberalen Ordnungspolitiker dürfte nicht entgangen sein, dass sich Eurobonds durchaus mit einem harten Schuldenregiment verbinden lassen"

     

    Das mag schon sein, aber auch einem taz-Journalisten dürfte nicht entgangen sein, dass sich das "harte Schuldenregiment" nicht einfach durchsetzen lassen wird, aber auf gar keinen Fall mehr, wenn es vorher schon Eurobonds gäbe. Dann würde nur noch ein erfolgloser Abwehrkampf gegen eine Erhöhung des maximalen Anteils der Eurobonds geführt, zuerst vielleicht 60% des BSP, dann 70%, etc. etc., bis der niederländische, deutsche und finnische Steuerzahler die unbegrenzte Verschuldung der Peripherie (und Frankreichs!) finanziert. Vermutlich liegt es an den prekären Arbeitsbedingungen bei der taz, dass man keinerlei Gespür für das Gerechtigkeitsgefühl des steuerzahlenden deutschen Mittelstandes hat (also den Doofis - yours truly eingeschlossen - die viel arbeiten und ein relativ hohes Einkommen erzielen, aber leider alles andere als "reich" - also von Erwerbsarbeit unabhängig - sind). Wer selbst kaum Einkommenssteuer zahlt und ergo von Transferzahlungen anderer abhängt, dem fällt es eben leichter, die Sichtweise anderer Transferempfänger zu übernehmen.

  • SB
    Siegfried Bosch

    "auch einem marktliberalen Ordnungspolitiker dürfte nicht entgangen sein, dass sich Eurobonds durchaus mit einem harten Schuldenregiment verbinden lassen": Schon wieder so ein Märchensatz in einem Märchenartikel. Es gab im Vertrag von Maastricht auch einmal "harte" Regeln. Und was ist passiert? Sie wurden schon bei der Euro-Einführung mißachtet und danach wieder (auch von Deutschland) -- ohne, dass es Konsequenzen gehabt hätte! Und Griechenland hat sogar betrogen und wurde schon wieder nicht bestraft (und hat weiterhin einen Sitz im EZB-Rat, wo sie dann zusammen mit den anderen Weichwährungsanhängern Deutschland beim Ankauf von Staatsanleihen überstimmen können). Das ganze Ankaufen von Staatsanleihen basiert sowieso nur auf einer eigenwilligen Interpretation des Maastricht-Vertrags. Auf dem Papier gibt es übrigens auch noch immer eine No-Bail-Out-Klausel.

    Merke: Auf unsere sogenannten "Partner" in Europa (und auf Verträge mit ihnen) ist kein Verlass!