Vor dem Treffen von Merkel und Sarkozy: Eurobonds nicht totzuschweigen
Wollen Merkel und Sarkozy bei ihrem Treffen partout nicht über Eurobonds sprechen, läuft die Diskussion auf anderen Ebenen weiter. Und dann lahmt auch noch die deutsche Wirtschaft.
PARIS/ BERLIN dpa | Vor dem Spitzentreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy geht der Streit in Deutschland über die Lösung der europäischen Schuldenkrise unvermindert weiter. Bei dem Treffen am Dienstagnachmittag in Paris geht es nach Berliner Regierungsangaben um konkrete Vorschläge, um das Krisenmanagement und die wirtschaftspolitische Steuerung zu verbessern. Die Einführung gemeinsamer europäischer Anleihen steht nach Angaben aus Berlin und Paris nicht auf der Tagesordnung. Die deutsche Wirtschaft überraschte derweil mit einem deutlich abgeschwächten Wachstum im zweiten Quartal.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der größten Volkswirtschaft Europas wuchs im Vergleich zum Auftaktquartal 2011 nur noch leicht um 0,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Seit Beginn des Aufschwungs im Frühjahr 2009 hatte sich die Konjunktur nicht mehr so schleppend entwickelt. Das bremste auch das Wachstum in der Eurozone. In den 17 Euro-Ländern legte das BIP laut erster Schätzung der Statistikbehörde Eurostat im Vergleich zum Vorquartal nur um 0,2 Prozent zu. Zu Jahresbeginn hatte der Aufschwung mit einem Plus von 0,8 Prozent noch mehr Fahrt gehabt.
Das machte sich auch an den Aktienmärkten bemerkbar: Die überraschend schwachen Zahlen bremsten die Erholung des deutschen Leitindex Dax aus. Er lag am späten Vormittag mit knapp 2 Prozent im Minus. Auch an anderen europäischen Handelsplätzen gingen die Kurse zunächst nach unten.
Änderung der EU-Verträge erforderlich
Unterdessen wird in Deutschland weiter über die Einführung von Eurobonds zur Lösung der anhaltenden Schuldenkrise gestritten. Die Bundesregierung lehnt dies strikt ab. Gemeinsame Staatsanleihen können die Zinslast für besonders stark verschuldete Länder der Euro-Zone senken. Gegner warnen, dass Deutschland dafür gezwungen sein könnte, höhere Zinsen zu zahlen. Damit drohten Milliarden-Mehrbelastungen für die Steuerzahler. Zudem würden Eurobonds erhebliche Änderungen der EU-Verträge erfordern.
In den vergangenen Tagen hatten einzelne FDP-Politiker mit einem Ende der schwarz-gelben Koalition gedroht, sollte Kanzlerin Merkel gemeinsamen Euro-Staatsanleihen zustimmen. Nun wies der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner Spekulationen über einen Ausstieg der Liberalen aus der Koalition jedoch zurück. "Wir bleiben selbstverständlich in der Regierung", sagte er am Dienstag im "Morgenmagazin" der ARD. "Die Bundeskanzlerin kann sich auf uns verlassen, so wie wir uns auch auf sie verlassen, dass es Eurobonds mit dieser Bundesregierung nicht gibt."
Die FDP bekräftigte aber ihr Nein zu Eurobonds. "Die Regierungsfraktionen haben Eurobonds grundsätzlich ausgeschlossen", sagte Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms dem Kölner- Stadt-Anzeiger. Er sehe "keinen Grund, von dieser Position abzuweichen. Das ist doch eine Frage der ökonomischen Logik", sagte der FDP-Politiker.
Es geht um Stabilität, nicht Parteitaktik
Die SPD spricht sich dagegen für Eurobonds aus. Parteichef Sigmar Gabriel bot Merkel erneut die Zusammenarbeit der Sozialdemokraten an und forderte sie auf, beim Thema Euro-Stabilität keine Rücksicht auf Einwände des Koalitionspartners FDP zu nehmen. "Es geht um Stabilität und Wert unseres Geldes und nicht um Parteitaktik", sagte er der Bild-Zeitung mit Blick auf die Diskussion um die sogenannten Eurobonds. "Klar ist: Ein weiter so kann es nicht geben."
SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider sagte der dpa, Eurobonds würden dabei helfen, Europa vom Kapitalmarkt unabhängiger zu machen. Die Inanspruchnahme solcher abgesicherten Schuldverschreibungen müsse jedoch an weitreichende Auflagen geknüpft werden. Eine Bedingung könne eine Schuldenbremse wie im Grundgesetz sein. Schneider sagte zudem, die Schuldenkrise in Europa könne nur noch durch einen "großen Wurf" dauerhaft gelöst werden. "Das Katz-und-Maus-Spiel der Märkte mit der Politik darf so nicht weitergehen."
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, warnte vor der Einführung von Eurobonds. "Es wäre der demokratisch nicht legitimierte Eintritt in eine Haftungsgemeinschaft", sagte er der Passauer Neuen Presse. Die Märkte wären mit Eurobonds zwar sehr zufrieden, sagte er: "Ich fürchte jedoch: Die Einführung der Eurobonds wäre eine Giftpille für die europäische Währungsunion."
Leser*innenkommentare
Ja zum Eurobond mit Auflagen
Gast
Klar ist:
* Die PIIGS können keine Anleihen mehr ausgeben
* die Sparprogramme dort sind brutalst und
* provozieren schon gesellschaftliche Konflikte
* die Spekulationsmärkte werden sich weitere EU Länder vornehmen und die vor sich her treiben
Dann noch seitens der Union und FDP sich der EU-Gemeinschaft verweigern und den PIIGS Sanktionen
anzudrohen ist zündeln mit dem Feuer.
Klar wurde dort auf Pump gelebt: Doch wo hat man denn die Güter gekauft und sich verschuldet ? V.a. doch von Deutschland.
Die EUrobonds würden eine Kapitalmacht darstellen die die der USA entspräche.
Diese müssetn entsprechende Auflagen und Sicherheitsmechanismen enthalten. Das solche nicht gegriffen haben und dadurch die Krise mitausgelöst haben ist ein Faktum. Das heißt aber nicht, das die neu zuformulierenden Regeln ebenfalls für die Katz sind.
Der Wirtschaftsunion muss die FInanzpolitische Union folgen.
Das Auseinanderbrechen der Eurozone wäre fatal und würde Deutschland als Exportnation extrem Schaden.
anarchischer ökonom
Gast
Die dortige Elite? Was ist mit der hießigen Elite, die mit den Absatzmärkten und landwirtschaftlichen Rohstofflieferanten wie Griechenland und Spanien riesige Gewinne machten. Was ist mit den dt. und franz. Banken, die griech. Anleihen besitzen, obwohl sie mithalfen die Bilanzen zu fälschen?
Arbeit und Disziplin? Die Griechen haben genauso malocht und auch bestochen weil sonst kein Job möglich war.
Und jetzt die ärmeren untergehen lassen, weil eben jemand das verlorene Geld der Weltwirtschaftskrise bezahlen muss? Unsere Elite hat daran mehr Teil als die meisten, die griechische Bevölkerung weniger als die hießige.
Nein zum Eurobond
Gast
Der Eurobond kann keine Lösung sein, da dadurch strukturelle Reformen in den PIIGS niemals verwirklicht werden. Die dortige politische Elite ist Hauptnutzniesser der intransparenz und korruption ... nur ein radikaler Rausschmiss generiert genug Druck vorort um notwendige Änderungen herbeizuführen.
Die Maastrichtkriterien wurden alle Ausgehebelt, die EZB begeht wöchentlich Vertragsbruch, Griechenland hatt die Bilanzen aktiv gefälscht ... eine Schuldenbremse würde also auch nicht wirken. Ist es nicht klar, dass man mit solchen Partnern keine Union eingehen kann??? Es währe ja schon fast kriminell den Euro fortzuführen (Begünstigung von Korruption ist gesetzlich immerhin 'Geldwäsche')
Der Eurobond wird ansonsten zur Herabstufung Frankreichs und dann Deutschlands führen. Er setzt auch klar das Zeichen, dass Arbeit & Disziplin nicht lohnt und es besser ist in Griechland zu leben und dort keine Steurn zu zahlen ... dieses Konstrukt ist dem Untergang geweiht und wie jeder Investor, sollte man den Verlust begrenzen solange man noch kann ... nur ein naiver Laie würde gutes Geld schlechtem hinterherschmeissen!