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Kommentar FDP-SpendeKoalition der Besserverdienenden

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Die FDP bestätigt ihre Kritiker, sie betreibe nur Klientelpolitik. Der Skandal wird auch ihren Koalitionseinfluss schmälern. Und die CDU muss aufpassen, dass es nicht sie selber trifft.

D ie FDP bestärkt die schlimmsten Befürchtungen ihrer vielen Kritiker. Die Partei hat im Jahr bis zur Bundestagswahl von einem Unternehmen 1,1 Millionen Euro an Parteispenden erhalten, das August Baron von Finck gehört. Die Familie des Milliardärs ist Hauptaktionär der Mövenpick-Gruppe, die unter anderem Hotels betreibt.

Kurz nach der letzten Spende setzte die FDP eine Senkung der Mehrwertsteuer für Hotel-Übernachtungen durch. Dies bestätigt nicht nur den Eindruck, bei der FDP handele es sich um eine hoffnungslose Klientelpartei. Das Bekanntwerden dieser legalen Spenden könnte auch den Regierungskurs ändern.

Bei der Bundestagswahl überzeugte die FDP fast 15 Prozent der Wähler mit der Botschaft, sie wolle ihnen "Mehr Netto vom Brutto" verschaffen. Die Spendenpraxis der Partei führt selbst den Unbedarftesten drastisch vor Augen: Der FDP ging es nie um die Supermarktkassiererin, wie ihre Führung im Wahlkampf suggierte. Die Freidemokraten machten und machen Politik für Unternehmer, Handwerker, Apotheker und Ärzte.

Bild: taz

Matthias Lohre ist Parlamentskorrespondent der taz.

Dieses schwindende öffentliche Vertrauen, das sich bereits in sinkenden Umfragewerten ausdrückt, schwächt den Einfluss der FDP in der Koalition. Ihr Beharren auf massiven Steuersenkungen, die wenigen Bürgern nutzen, aber vielen schaden würden, wirkt nun nicht mehr bloß halsstarrig. Sondern es erscheint als kühl kalkulierte Preisgabe des Allgemeinwohls zugunsten einiger weniger.

Verfestigt sich dieser Eindruck in der Öffentlichkeit, besteht die Hoffnung, dass der Koalitionsstreit um 24 Milliarden Euro Steuersenkungen bald endet. Gewinnerin wäre die CDU. Sie sieht sich seit der Regierungsbildung in die Rolle der finanzpolitischen Vernunft gedrängt. So eine Haltung ist nicht populär, aber notwendig. Nun muss die Union aufpassen, dass der Spendenskandal der FDP nicht auch der ihre wird. Immerhin hat die Partei das milliardenschwere Steuergeschenk für Hoteliers mitbeschlossen.

Angela Merkel hat die Wahl: Lässt sie zu, dass sich der Eindruck einer "Koalition der Besserverdienenden" festigt? Das würde ihr Vorhaben gefährden, die CDU als einzige Volkspartei zu etablieren. Oder lässt sie ab von geplanten unsozialen Umbauten wie in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung? Die Antwort wird Merkel bald geben müssen.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
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7 Kommentare

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  • I
    Ingo

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    Na ja , unser schneidiger Aussenminister hat die Gunst der Stunde am Sonntag bei Anne Will ungenutzt verstreichen lassen.

    Er hätte doch einfach die 1,1 Millionen € als Spende für Haiti ausweisen können .

    Aber was macht er ? ER fordert uns zum Spenden auf.

  • V
    vic

    Es ist wie´s immer schon war. Wer FDP wählt, sollte dafür gute Gründe haben.

    Und bei 15 % bezweifle ich, dass das allen klar war.

  • A
    Amos

    Eine Kanzlerin, die sich von einer 15%-Partei am Nasenring durch die Manege ziehen lässt, hat nicht das Profil zu einer Kanzlerin. Westerwelle führt sich auf wie ein Gockel und keiner gibt ihm eins auf die Nase.

    Man hat das Gefühl, das eine 15%-Partei unser Land regiert und dabei nicht mal Volksvertreter in ihren

    Reihen hat, sondern nur die "Fürstentümer" bedient.

    Macht Merkel das weiter mit, kann sie sich jetzt schon

    verabschieden.

  • CE
    Carsten Eck

    Ist es wirklich ein Geschenk an die Hoteliers, die Campingplatzbetreiber und die Pensionswirte? Die Mehrwertsteuer ist immer eine Endverbrauchssteuer. Ähnlich wie beim Buchhandel und bei manchen Lebensmitteln soll der Endpreis subventioniert werden. Preise werden ohnehin am Markt gemacht und die durch Überkapazitäten gezeichnete deutsche Übernachtungsbranche hängt im europäischem Vergleich auf den hinteren Plätzen. Sie wird weiterhin nicht von diesem unnützen Gesetz profitieren, sondern versuchen mit Personalabbau und -ausbeutung weiter die Preise zu senken und sich ruinieren.

    Carsten Eck

  • S
    SoSo

    Ich muss gestehen, dass ich von diesem Skandal noch gar nichts gehört hatte. Und als ich diesen Kommentar gelesen habe musste ich auch beinahe lachen.

     

    Die ganzen "kleinen" FDP-Wähler sollten da mal gut drüber nachdenken. Ich habe in der FDP, ähnlich wie in der CDU, sowieso nur eine Partei gesehen, die Politik für die sie unterstützenden Lobbys machen. Um den ordinären Bürger geht es da sicherlich nicht, dessen Geld kann man schlicht per Steuererhöhung bekommen.

  • VH
    von Hannover

    Ja was habt Ihr denn von Guido erwartet?

    Er hat die Bodenhaftung schon lange verloren,was kann da eine "kleine Spende" noch schlimmer machen??

  • M
    Majo

    „Die schönste List des Teufels ist es, uns zu überzeugen, daß es ihn nicht gibt.“

     

    Charles Baudelaire