Kommentar Eurozone: Erst mal muss der Politclown weg
Berlusconi soll weg: Da sind sich alle in der Eurozone einig. Doch das ist noch das geringste Problem. In größter Harmonie sparen die Euroländer sich in die Rezession.
N icht nur Investoren spekulieren - die Politik tut es auch. Das Kalkül der Eurozone ist unübersehbar: Italien wird erst geholfen, wenn Premier Silvio Berlusconi zurückgetreten ist. Diesen Politclown wollen die anderen Staatschefs nicht alimentieren. Stattdessen möchten sie ihn endlich abwickeln, war er doch eine Beleidigung für ihren Berufsstand.
Der zunehmende Druck auf Berlusconi zeigt, dass man sich um die Eurozone eigentlich keine Sorge machen muss: Sie ist politisch handlungsfähig und in der Lage, selbst härteste Sanktionen durchzusetzen. Denn es ist die maximal denkbare Einmischung in die inneren Angelegenheiten, dass von einem Land verlangt wird, seinen Regierungschef auszutauschen.
Die Causa Berlusconi zeigt, dass die Eurozone falsch wahrgenommen wird. Noch immer lautet die gängige Meinung, dass eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik völlig undenkbar sei, weil 17 Länder machten, was sie wollten. Das Gegenteil ist richtig: Die Wirtschafts- und Finanzpolitik wird längst koordiniert betrieben. Und wer wie Berlusconi nicht spurt, wird eben aussortiert.
ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Dieser neue Gemeinschaftsgeist ist zunächst einmal eine gute Nachricht: Der Euro kann nur funktionieren, wenn sich die Mitgliedsstaaten auf eine einheitliche Wirtschafts- und Finanzpolitik einigen. Einziges Problem: Die Eurozone verfolgt die falsche Politik. In größter Harmonie beharrt man auf einem fatalen Irrtum.
Alle 17 Euroländer kennen nur einen Weg aus der Krise: Sie alle sollen sparen - und sie alle sollen exportieren. Das kann nicht funktionieren. Irgend jemand muss auch importieren. Doch dieses simple Gebot der Logik wird kollektiv ignoriert. Stattdessen spart man sich in die Rezession.
Berlusconi ist also noch das kleinste Problem, mit dem die Eurozone zu kämpfen hat. Die eigentliche Gefahr ist der Wirtschaftseinbruch, der herannaht und auf den alle Frühindikatoren hinweisen. Dann werden die Finanzmärkte erst so richtig panisch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs